Page 7 - Freizeit-Tirol-Magazin20
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                                 Steudltenn
 Vor fast 100 Jahren konnte man beim „Steudler“ in Uderns Butter gegen Stoffe tauschen oder mit den Wirtsleuten des Zillertals Schnaps probieren. Es wurde gesungen, gelacht und so manche Neuig- keit in Umlauf gebracht. Heute findet an diesem Ort das alljährliche Steudltenn-Festival statt, ein weit über das Zillertal hinaus bekanntes Theater- festival, das mit seiner Vielfalt an Produktionen immer zu begeistern weiß. Nicht nur hinter all den Ideen und Produktionen sondern auch mitten drin, steht die Gründerin Bernadette Abendstein. FREIZEIT-TIROL traf die kreative Zillertalerin vor Ort zum Gedankenaustausch.
Steudltenn? Was hat es damit auf sich?
Nun, der „Steudler“ ist der Bauernhof hier. Es ist nicht nur meine Heimat, ich bin die „Steudl Ber- nadette“, hierher führt der Steudlweg. Logischer- weise heißt das Festival somit „Steudltenn“, da es ja in der 700 Jahre alten Tenne unseres Hofes beheimatet ist.
Du bist ja selbst Schauspielerin, schildere doch kurz deinen beruflichen Werdegang
Ein Freund von mir besuchte die Schauspielschu- le in Innsbruck. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass man die Schauspielerei als Haupt- beruf wählen konnte, das gefiel mir, das wollte ich auch. Also kaufte ich mir ein Reclamheft und lernte daraus einen Text zum Vortragen. Der Leiter der Schauspielschule, Emo Cingl, befand, dass ich den Text ganz schlecht vorgesprochen hatte, erkannte aber mein Talent. Das war der
Einstieg, ich wechselte nach Graz und weiter nach Wien. Dort landete ich auf der Schauspiel- schule von Elfriede Ott am Konservatorium der Stadt Wien. Zum Einstieg gab es eine Woche
lang die Aufnahmeprüfung, an der mehr als 500 Interessierte teilnahmen. Jeden Tag erfolgte
ein Auswahlverfahren, bis am Schluss 12 Leute überblieben. Ich war damals am ersten Tag gleich wieder nach Graz zurückgefahren, da ich mir keine Chancen ausrechnete. Eine Freundin rief mich abends an und teilte mir mit, dass ich noch „im Rennen war“. So schaffte ich es, jeden Tag weiterzukommen, was für mich natürlich ein unglaubliches Erfolgserlebnis bedeutete, so nach dem Motto „Hollywood wartet“. Das war der Be- ginn von vier Jahren komplexer Ausbildung. Ich lernte fechten, tanzen, singen, sprechen, erhielt dramatischen Unterricht. Im zweiten Jahr der Ausbildung begann ich in den Wiener Kammer- spielen und spielte anschließend fünf Jahre im Theater an der Josefstadt. Dort durfte ich mit sehr vielen tollen Kolleginnen und Kollegen auf- treten. Mein erstes Kammerspielstück war mit Ossi Kollmann, ein super Kollege! Ich war immer sehr aufgeregt. Jedes Mal, wenn ich von der Bühne abging, meinte er: „Bravo Bernadette!“ Bei 260 Vorstellungen im Jahr lernst du auf jeden Fall Disziplin. Mit der Zeit nervte es mich aber, dass ich nicht mitreden durfte. Nur die Stars wie Otto Schenk durften das im sehr hierarchischen System des Theaters. So reifte nach 12 Jahren in der tollen Stadt Wien in mir der Wunsch, selber ein Theater zu haben.
Der Beginn von Steudltenn?
Ja, das stimmt. Ich hielt nach Möglichkeiten, etwas zu machen, Ausschau. Zu dieser Zeit lernte ich Hakon Hirzenberger kennen, von dem ich wusste, dass er das Know How, ein Theater auf- zubauen und zu managen, hatte. Auch suchten wir einen passenden Ort, wobei ich das immer schon zuhause machen wollte. Denn wenn ich irgendwo spielte, reiste immer eine Abordnung aus meiner Heimat an, um zu sehen, was ich machte. Ich fand das schade, dass nicht mehr Leute das sehen konnten, was mir so viel be- deutet. So war es mein Traum, professionelles Volkstheater zurück nach Hause zu bringen.
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