Page 7 - Freizeit Tirol Magazin Ausgabe 29
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Dr. Kurt Matzler ist ultraradelnder Professor für
strategisches Management an der Universität
Innsbruck. Laut Brightline Initiative zählt er zu
den besten strategischen Denkern weltweit. Am
10. Juni startete er das zweite Mal als Solofahrer
beim härtesten Radrennen der Welt, dem Race
Across America. Die Eckdaten in diesem Jahr:
Distanz 4.932 Kilometer, über 40.000 Höhenmeter,
2 Wüsten, 3 Gebirgszüge, 4 Zeitzonen. Höchster
Punkt: Wolf Creek Pass auf 3.300 Meter, Höchst-
temperatur 46 Grad, tiefste Temperatur 4 Grad.
Bis zu 15.000 Kalorienverbrauch, bis zu 20 Liter
Flüssigkeitszufuhr pro Tag. Seit der Erstauflage
1982 gab es insgesamt mehr als 700 Starter. Es
kamen 388 ins Ziel, 116 davon waren mehr als
einmal mit dabei. Eine fast unglaubliche Leistung,
die FREIZEIT-TIROL im Gespräch mit Kurt Matzler
näher beleuchten möchte!
Kurt, herzliche Gratulation, wieder einmal!
Was hat dich motiviert, nach 2022 in diesem
Jahr erneut beim Race Across America als
Solo-Starter teilzunehmen?
Eigentlich war das nicht geplant. Ich war 2023
von Turin zum Nordkap gefahren, das sogenann-
te „Nordkap 4000“, da bist du ohne Betreuer
komplett auf dich alleine gestellt. 2024 folgte das
„Race Around Poland“. Ich habe somit immer
weiter trainiert. Parallel dazu brachte ich 2023
mein Buch mit dem Titel „Das High Performance
Mindset“ heraus. Dadurch wurde ich zu einer
Menge Vorträge eingeladen. Der CEO des Bau-
konzerns Habau hat mich nach der Veranstaltung
bei ihnen angerufen und mir mitgeteilt, wenn ich
nochmals fahren würde, sei er als Sponsor dabei.
Selbiges erlebte ich beim Vortrag bei der Firma
BMR, einer oberösterreichischen Stahlkonstruk-
tionsfirma. Hier gab es dasselbe Angebot. Somit
hatte ich – ganz ungeplant – plötzlich Sponsoren.
Meine Crew war davon ebenso begeistert wie
ich, somit war klar: Wir machen es nochmal! Wir
hatten das große Privileg, den Riesenaufwand
von rund 65.000 Euro finanziert zu bekommen
und konnten es abermals als Spendenprojekt
der Rotarier zur Ausrottung der Kinderlähmung
(„End Polio“) aufziehen.
Kurt Matzler
Hast du deine Strategie von 2022, dein gesam-
tes Team und dich in Hotels unterzubringen,
erneut angewendet?
Ja, doch für heuer war das Ziel das RAAM in 10
statt in 11 Tagen zu fahren. 2022 waren wir sehr
konservativ gefahren, mittlerweile hatte ich, wie
schon erwähnt, ja die letzten Jahre nochmals
besser trainiert und andere Sachen optimiert.
Das klingt ja vielversprechend, doch dann gab
es Probleme…
Das stimmt, die Probleme begannen bereits vor
dem Rennen. Ich war vorher 10 Tage in der Wüs-
te, um mich gegen die Hitze zu akklimatisieren.
Nach drei Tagen bekam ich Halsschmerzen, ver-
mutlich wegen der trockenen Luft. Ich kam ein-
mal in einen Sandsturm, was auch nicht optimal
ist. Zum Glück blieb ich fieberfrei, machte somit
ein paar Tage Trainingspause und das Halsweh
war weg. Leider war es ab dem zweiten Renn-
tag wieder da, ich bin dann 10 Tage mit Hals-
schmerzen gefahren, hatte teilweise die Stimme
komplett verloren. Meine Stimme ist immer noch
nicht ganz da, die Stimmbänder sind immer noch
ein wenig beleidigt! Das zweite gesundheitliche
Problem ereilte mich in den Rocky Mountains: Ich
hatte Wassereinlagerungen und innerhalb eines
Tages drei Kilo zugenommen! Auf den letzten
Pass hinauf hatte ich ein leichtes Lungenödem
und stellte bei der Auffahrt fest, dass ich viel
weniger Luft bekam. Der Arzt teilte mir mit, dass
es noch nicht bedenklich sei, zumal ich ohnehin
nur noch rund 100 Höhenmeter zu bewältigen
hatte. Dann folgte eine lange Abfahrt von 2.000
Höhenmetern, somit sollte sich das Lungenödem
damit von alleine lösen, was dann zum Glück ein-
trat. Von da an lief das Rennen super, wir waren
viel schneller als geplant, jeden Tag ein bis zwei
Stunden vor unserem Zeitplan. Diese gewonnene
Zeit investierten wir in Schlafpausen, trotzdem
war ich immer unter den Top 4 im Rennen. Dann
hatte die Schweizerin Isa Pulver in den Rockies
einen schweren Sturz mit Schlüsselbeinbruch,
somit war ich bis zur Hälfte des Rennens an drit-
ter Stelle! An diesem Halfway-Point, nach 2.500
Kilometern, traten plötzlich Nackenprobleme
auf und ich konnte den Kopf nicht mehr richtig
halten. Ich legte sofort eine lange Schlafpause,
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