Page 8 - Freizeit Tirol Magazin Ausgabe 29
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Kurt Matzler
fünf Stunden, ein. Das machte ich insgesamt
drei Mal, damit sich der Nacken regenerieren
konnte. Die angestrebte Erholung erfolgte nicht
wirklich, doch ich konnte irgendwie fahren, mit
vielen Massagen und kurzen Pausen. Während
des Fahrens versuchte ich das Kinn abzustützen,
was mein Kinn aufrieb. Auch bekam ich Krämpfe
im Nacken und nahm Schmerzmittel. Ich musste
rund 2.500 Kilometer am Oberlenker fahren,
bekam Blasen an den Handballen, die Finger sind
mir komplett eingeschlafen. So habe ich mich
dann irgendwie ins Ziel gerettet! Es starteten 25
Teilnehmer, davon 2 Damen. 13 kamen insge-
samt ins Ziel, ich benötigte 11 Tage, 11 Stunden
und 5 Minuten. Das bedeutete, trotz aller Prob-
leme, den 7. Platz insgesamt und den 3. Platz in
meiner Alterskategorie.
Wie gehst du mit all diesen Problemen um,
wie motivierst du dich, nicht aufzugeben?
Es müssen viele Sachen zusammenspielen, dass
so etwas geht! Das Erste ist, du brauchst auf die
„Warum-Frage“, also auf „warum tust du das?“,
eine klare Antwort. Wenn dir diese Antwort
fehlt, ist der Schritt zur Aufgabe ein kleiner.
In unserem Fall war das Spendenprojekt die
Antwort, quasi der „höhere Zweck“. Ich bin das
Rennen nicht für mich alleine gefahren, sondern
für dieses Projekt. Dieser „höhere Zweck“ gibt dir
die Motivation, an die eigenen Grenzen zu gehen.
Das eigene Ego ist der limitierende Faktor, wenn
du es nur dafür machst, ist die Entscheidung
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aufzugeben, relativ leicht. Der Neurologe und
Psychiater Viktor Frankl sagte einmal: „Wer ein
Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie!“. Ein
zweiter, wichtiger Aspekt ist, dass du dir viele,
kleine Ziele setzt. So nahm ich mir mit meinen
Problemen vor, bis zur nächsten Time-Station zu
kommen, dann sehen wir weiter. Und dann wie-
der dasselbe. Irgendwann bist du so weit, dass
du dir denkst „wir schaffen es jetzt noch ins Ziel“.
Das heißt, du musst das Große herunterbrechen
in kleinere Ziele. Das hatte ich 2022 schon mit
meiner „Hotelstrategie“ gemacht: Als ich am Start
war, hatte ich nicht die 5.000 Kilometer vor mir,
sondern das nächste Hotel! Das sind dann rea-
listische Tagesetappen von rund 600 Kilometern,
die du dir zu fahren vorstellen kannst. Und somit
von einem Hotel in das nächste und so weiter.
Ich habe das dann auf 8 bis 9 Stunden herunter-
gebrochen, da zu dieser Zeit immer mein Begleit-
fahrzeug wechselte und ich 15 Minuten Pause
hatte. Das zerlegte ich anschließend wieder in
4 Stunden-Einheiten, da ich alle 4 Stunden für
5 Minuten vom Rad steigen konnte. Diese teilte
ich wieder in Stunden Einheiten auf, da ich alle
Stunden eine Flasche Flüssignahrung bekam.
So brichst du alles auf kleine Ziele herunter und
hast permanent das Gefühl, weiter zu kommen.
Der dritte Faktor, der eine ganz große Rolle
spielt, ist „Optimismus und Hoffnung“. Jeden
Tag hatte ich die Hoffnung, dass es mir nach
der nächsten Schlafpause besser gehen wür-
de. Das half mir unglaublich! Hätte mir jemand