Page 35 - Freizeit Tirol Magazin Ausgabe 30
P. 35

Der gebürtige Linzer Daniel Fetz ist 2-facher
Wakeboard Weltmeister, jahrelang hat er sich
mit Strategien zur Leistungssteigerung beschäf-
tigt, hat vieles probiert, bis er mit dem Eisbaden
und mit Atemfitness sein perfektes Trainingstool
gefunden hat, dem er seine sportlichen Erfolge
auch verdankt. Heute führt er Interessierte in sei-
ner Fetzys World in Steyregg sowie in der AREA
47 im Ötztal in die Welt des Eisbadens ein, und er
genießt es nach wie vor.
Gerald Daringer, seit 30 Jahren wohnhaft im
Stubaital und ebenfalls aus Oberösterreich,
ist Professor für Sportwissenschaft an der Uni
Innsbruck sowie Extremsportler und gilt aktuell
als „bester Eisschwimmer Österreichs“. In seiner
Firma AQUA and ICE bietet er am Achensee und
Hintertuxer Gletscher Eisschwimm-Workshops
für alle, die sich der Herausforderung stellen
wollen. Zu seinem eisigen Hobby fand er aus
gesundheitlichen Gründen. Er hatte chronische
Schmerzen, Eisschwimmen und Kältetherapie
haben ihn vor einer Knieprothese bewahrt.
Daniel und Gerald, warum tut man sich das
an? Das ist ja eigentlich ein Handeln gegen
den eigenen Instinkt. Was sind die positiven
Effekte?
Daniel: Da gibt es wirklich viel Positives. Eisbaden
fördert die Durchblutung, trainiert das Nerven-
system. Es wird einem nicht mehr so schnell kalt.
Es wirkt – durch die Ausschüttung von Adrenalin
– entzündungshemmend. Es ist ja eine lebens-
bedrohliche Situation, ein bewusster Stress,
dem man sich aussetzt. Man spricht von einem
„hormetischen Reiz“ – ein bisschen Schaden, der
aber nicht schädigt, sondern wodurch der Körper
sich verbessert und optimiert. Nach einem
Eisbad produzieren wir nachweislich mehr weiße
Blutkörperchen – die „Kriegerzellen“ in uns, die
wichtig sind fürs Immunsystem. Wir produzie-
ren mehr Braunfett, das als wichtiger Akteur im
Kampf gegen Übergewicht oder Diabetes gilt, da
es Kalorien verbrennt, anstatt sie zu speichern.
Ein ganz wichtiger Aspekt in der heutigen Zeit:
Wenn man lernt, mit dem Stress im kalten Was-
ser umzugehen, kann man auch im Alltag besser
mit Stress umgehen. Zudem werden viele Glücks-
hormone ausgeschüttet. Wenn man öfter ins
Eisbaden
kalte Wasser geht, hat man mehr Lebensenergie
– und das berichten ganz viele Eisbadende!
Daniel Fetz
Gerald: Als ich begonnen habe ins Kalte zu ge-
hen, war nur drinnen sitzen gleich mal langweilig
für mich. Im Eiswasser zu schwimmen, also Leis-
tung zu bringen, ist eine zusätzliche Anforderung,
die sämtliche positive Effekte noch verstärkt
und die es ermöglicht, durch die Bewegung im
Wasser Kontrolle zu den Vorgängen im Körper
zu erlangen. Es geht um das Naturerlebnis, aber
auch um die Energie, die aus dem Stolz entsteht,
etwas zu können, das nicht vorgesehen ist. Wir
Menschen haben in der heutigen Zeit so viel
verlernt: sich richtig zu konzentrieren, ohne Ab-
lenkung zu sein, ganz bei sich zu sein. Durch das
Extrem und den Schock beim Eisschwimmen hat
dein Körper so viel zu tun, weil er eigentlich nicht
da drin sein will, da musst du ganz viel eigene
Kontrolle übernehmen um das aushalten und
genießen zu können, du musst ganz bei dir sein.
Das zu schaffen, das bringt eine unheimliche Be-
friedigung und innere Stärke.
Man liest im Zusammenhang mit Eisbaden
aber schon von Gefahren bis hin zum mög-
lichen Herzstillstand. Kann jeder einfach so
drauflos legen oder ist das nur was für Trai-
nierte, oder Junge?
Daniel: Also viele alte Eisbader über 70 oder
sogar 80 Jahre in meinen Kursen stellen sich
sogar besser an als junge, die sind anders auf-
gewachsen, ohne Funktionskleidung und Fuß-
bodenheizung, sind noch weniger verweichlicht.
freizeit-tirol.at
35
















   33   34   35   36   37