Page 38 - Freizeit Tirol Magazin Ausgabe 30
P. 38

Eisbaden
keinesfalls alleine, in der Gruppe ist es auch
leichter. Man muss sich „hineinentspannen“. Nur
die ersten 30 bis 60 Sekunden sind hart, dann,
wenn die Atmung sich beruhigt hat, merkt man,
dass es gut ist. 8 Grad Wassertemperatur ist die
beste für den Zellstoffwechsel, zwischen 4 bis
12 Grad hast du aber einen ähnlichen Effekt. Für
mich geht es darum, den eigenen Zen-Moment
zu finden. Summen oder Brummen ist dabei hilf-
reich, und auf die ruhige Atmung konzentrieren.
Und wie gesagt, für Ungeübte reichen 2 Minuten
in 10 Grad kaltem Wasser völlig aus! Für Geübte
gilt die Faustregel: So viel Grad das Wasser hat,
so viele Minuten darf ich theoretisch im Wasser
bleiben. Wenn man Effekte sehen möchte, wäre
natürlich auch eine gewisse Regelmäßigkeit
sinnvoll.
Und beim Eisschwimmen, Gerald?
Hier würde ich noch ergänzen, dass mindestens
2 Minuten schon wichtig wären, weil wenn du
nur ein paar Sekunden ins Wasser gehst, da hast
du überhaupt keinen Effekt für den Körper, weil
dieser noch gar nicht checkt, was passiert. Der
Körper in der Sauna fängt ja auch nicht sofort,
sondern erst nach 2-3 Minuten zu schwitzen an.
Also wenn du nur kurz in den Bergsee läufst und
wieder raus, ist das vielleicht gut fürs Ego, aber
leider nicht viel mehr.
Eisschwimmen gehen wir mit Badehose, Bade-
kappe, Schwimmbrille und Schwimmboje.
Deine Hände und Füße, also die körpereigenen
Sensoren mit Handschuhen oder Neoprenso-
cken abdecken ist nicht ratsam, weil du deinem
Körper die Regulation nimmst und deutlich
länger drinnen bleibst als gut für dich. Es geht
38 freizeit-tirol.at
um gezieltes „Eingreifen“ lernen in autonome
Systeme des Körpers. Eigentlich redet man erst
unter 5 Grad von Eisschwimmen, darüber ist es
Winterschwimmen. Unter Anleitung eines Profis
musst du zuerst lernen, in deinen Körper hinein-
zuhören und seine Signale richtig zu verstehen.
Der Körper zeigt dir, wie lange du drinnen blei-
ben darfst. Gefahren für Untrainierte beginnen
beim Eisschwimmen erst nach 15-20 Minuten.
Ich als Profi war aber auch schon im Achensee
bei 4 Grad eine Stunde schwimmen. Auch das
geht, wenn man will.
Was macht man nach dem Eisbad?
Daniel: So schnell wie möglich warm einpacken,
warmen Ingwertee trinken und moderate Bewe-
gung machen. Lange draußen bleiben sollte man
nicht mehr. Ganz wichtig: Je unterkühlter man
sich fühlt, umso langsamer muss man sich er-
wärmen! Nach dem Eisbad oder Eisschwimmen
in die warme Badewanne oder heiße Dusche
hüpfen kann tatsächlich tödlich sein!
Gerald: Der gesunde Körper wirft alle eigenen
Mechanismen zum wieder aufwärmen selber an.
Wirklich unterstützen kann man ihn hierbei nicht.
Je nach Dauer im Wasser benötigt der Körper
auch mal bis zu 45 Minuten, um sich wieder ganz
warm zu zittern. Das mechanische Muskelzittern
ist normal und gesund. Hier werden alle Zellen
des Körpers aktiviert zum Mithelfen, und das
aktiviert unser Immunsystem. Zu viel Bewegung
danach kann gefährlich sein, da kaltes Blut von
den Extremitäten zu schnell zum Herz gepumpt
wird, ein Schock oder Herzstillstand ausgelöst
werden kann. Warm anziehen reicht, Tee trinken
ist gut. Warten, dem Körper Zeit geben und hin-
einhorchen, genießen.
Euer Fazit zum Schluss?
Gerald: Eisbaden und Eisschwimmen heißt
eigentlich: „Verkühle dich täglich“. Nur so ent-
wickelt der Körper Abwehrkräfte und stärkt sich
von selbst. Ich bin tatsächlich nie krank, auch
wenn das unsympathisch klingt.
Daniel: Man wird nur stressresistenter, wenn
man sich bewusst Stress aussetzt, in kontrollier-
tem Rahmen. So kommen wir Menschen wieder
mehr ins Gleichgewicht.
Text: Verena Saischek, Fotos: area47, Jackscorner, eisbaden.at, Daringer















   36   37   38   39   40