Page 44 - Freizeit Tirol Magazin Ausgabe 30
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Krampusse
Sicherheitsmaßnahmen das Publikum stark ver-
ändert habe: „Die Besucher haben eine geringere
Hemmschwelle als früher, oftmals sind sie der
Meinung, hinter den Absperrungen passiert ih-
nen sowieso nichts. Das Ziehen an den Hörnern
und den teuren Gewändern stehen mittlerweile
leider an der Tagesordnung.“ Die Krampusver-
eine sind sich einig, nur gemeinsames Ziehen an
einem Strang macht solche Großveranstaltungen
heutzutage noch möglich.
Neustift
Als eigene Kunstform könnte man die grauslich
beeindruckenden Masken bezeichnen, die in die-
sem Metier „Larven“ heißen. Zusammen mit den
aufwendig gestalteten Fellen und Gewändern
werden sie je nach Verein von unterschiedlichen
Schnitzern und Firmen bezogen, auch weit über
die Grenzen Tirols hinaus und oft für jeden Trä-
ger einzeln nach seinen Vorstellungen gefertigt.
So greift zum Beispiel der Tuiflverein Reutte auf
den Vereinsschnitzer Christian Steiner zurück:
„Jede Larve ist ein Unikat und trägt die persön-
liche Handschrift ihres Trägers. Viele Mitglieder
investieren unzählige Stunden, um ihre Ausrüs-
tung in Schuss zu halten, zu reparieren oder zu
verbessern.“
Einer, der den Krampussen die Larve fertigt, ist
der Igler Schnitzer Günther Mayregger. Er ist
Gründungsmitglied der Krampusgruppe Igls und
hilft in der Pension im heimischen Schnitzkeller
gerne mal mit passendem Kopfschmuck aus. So
hat er dem Verein auch die zwei Masken der Igler
Obertuifl geschenkt. „Meine Masken fertige ich
ausschließlich aus Zirbenholz“, so Mayregger.
Ein entsprechend großes Holzstück wird auf der
Werkbank eingespannt, dann beginnt die Bear-
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beitung – von grob bis fein. Nach dem Schnitzen
wird die Larve geschliffen und „gfassn“, das heißt
mit Acryllack eingelassen. Dann kommen noch
das Fell für den Kopf und - ganz wichtig - die
Hörner und ein individuelles Tragegestell drauf,
fertig. Rund 25 Stunden Arbeit sind für eine
ansprechende Larve nötig. Auf die Frage, wie
viele Larvenschnitzer in Tirol tätig seien, meint
Günther: „Ich denke, so 30 bis 35 Schnitzer, wo-
bei es weiter im Osten von Tirol ja fast schon ein
Industriezweig wird…!“.
Günther Mayregger
Auch in Osttirol wird eifrig geschnitzt. Unsere
Recherche ergab, dass im Durchschnitt der Preis
für eine von Osttiroler Schnitzern hergestellte
Krampuslarve zwischen 700 und 1.000 Euro liegt.
Es wurde aber auch schon 10.000 Euro bezahlt.
Doch auch das Werkzeug hat seinen Preis: Ein
Schnitzmesserset kostet zwischen 300 und 1.000
Euro.
Und wie funktioniert eigentlich die Finanzierung
für einen Krampusverein? Die Haupteinnahme
ist für die meisten der jährliche Umzug. Hinzu
kommen Sponsorings und Spenden von groß-
zügigen lokalen Betrieben. Um Profit geht es hier
nicht, stattdessen werden Einnahmen wieder
in das Vereinsleben investiert. Und es erklären
die Nuistifter Tuifl: „Einen erheblichen Teil der
Einnahmen verwenden wir für Spenden. Wir
sind bei vielen Spendenaktionen das ganze Jahr
über beteiligt, da uns wichtig ist, zu vermitteln,
das Krampus-Brauchtum sollte ein Füreinander
sein.“ Besonders wichtig sind auch die vielen
freiwilligen Helfern, ohne die das heutige Tiroler
Krampustreiben nicht möglich wäre.
Text: Karl Berger, Verena Saischek, Fotos: Bernhard Schösser, Archive Reutte & Neustift

























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