Rodelzwugl

Die Rodel hat eine lange Geschichte: Die ursprünglichen Schlitten wurden seit Jahrtausenden als Transportmittel eingesetzt. In Europa nutzte man diese wohl seit der Frühzeit als winterliches Transportmittel. In Skandinavien, im Alpenraum oder im Erzgebirge wurden sie als Ziehschlitten für den Heu- und Holztransport und in kleineren Formen für den Personentransport verwendet. Die heute gebräuchliche Rodel entwickelte sich als Freizeitgerät aus diesen alpenländischen Schlittenformen. Nun ist Rodeln seit Jahren ein beliebter Wintersport, zahlreiche Rodelbahnen in Tirol bieten hierzu ein breit gefächertes Angebot bei Tag und auch bei Nacht. Doch wie lernt man richtig Rodeln? Zwugls Rodelschule am Glungezer in Tulfes bietet hierfür die ideale Gelegenheit. FREIZEIT-TIROL fragte bei Betriebsleiter Gilbert „Gilli“ Bachmann, den beiden Rodelzwugl-Guides Sabine Laucher und Silke Zeuner sowie beim Schischulleiter Felix Plaikner nach.

Auf die Frage, wie die Rodelschule entstanden ist, holt Gilli Bachmann aus: „2018 wurde die Glungezerbahn neu gebaut. Zuerst die Sektion 1, von unten zur Mittelstation, dann oben am Glungezer die Beschneiung. Dazu wurde der „Zirbensee“ als Beschneiungsteich, oberhalb der Tulfeinalm auf ca. 2080 m Seehöhe gelegen, errichtet. Das mit der tatkräftigen finanziellen Unterstützung von 20 Gemeinden in den drei Planungsverbänden. Die Sektion 2 der Glungezerbahn wurde im Jahr 2020 durch eine Kombibahn (10er-Gondel/6er-Sessel) ersetzt. Mit diesen topmodernen Anlagen bringen wir alle Leute von Jung bis Alt komfortabel auf 2.000 Meter Höhe hinauf. Nun stellte sich für uns die Aufgabe, diese Anlage noch attraktiver zu machen bzw. die Bahn noch besser auszulasten. So kam uns die Idee einer Rodelbahn.“

Die große Herausforderung war es, eine Rodelbahn zu errichten, auf der auch Kinder gefahrenlos und alleine rodeln könnten. Das unter der Vorgabe, soviel alten Weg wie möglich zu verwenden und damit wenig neue Bereiche errichten zu müssen. Das Endergebnis sollte eine tolle Rodelbahn mit 11-12% Neigung sein.

So wurden 2020 erste Trassierungen vorgenommen, 2021/22 wurde die Rodelbahn fertiggestellt. Bereits in der ersten Saison wurde das Rodelgütesiegel verliehen und es entstand die Idee, mit Sabine Laucher eine Rodelschule zu gründen. Sie war Kunstbahnrodlerin. Ebenso ist sie im Vorstand des Absamer Rodelvereins, der sich über sehr viel Rodelnachwuchs freute. Um hierfür rechtlich abgesichert zu sein, machte Sabine die Ausbildung zum Rodelguide. Zusammen mit Silke Zeuner und Christine Misslinger wurde versucht, das Projekt „Rodelschule“ zu starten. Sabine erinnert sich an die Anfänge: „2022 waren wir im wahrsten Sinne des Wortes „startklar“. Wir hatten Fahnen, Startnummern, einfach alles, was du benötigst. Nun wollten wir es an vier Terminen probieren. Leider regnete es jedes Mal so heftig, dass die Bahn eisig wurde und wir die Kinder nicht fahren lassen konnten!“

Schließlich wurde ein Beitrag von Hubsi Trenkwalder im Tirol TV ein überregionaler Erfolg und brachte die Rodelschule so richtig ins Laufen. Es wurde ein „Rundum-Glücklich“ Paket entwickelt, das den Transport und die Lagerung der Rodeln am Berg sicherstellt. Ebenso werden 200 lenkbare Qualitätsrodeln, Helme und bei Bedarf Stirnlampen im Verleih angeboten. Bei Spitzen mit im Team der Guides dabei sind die beiden ehemaligen Naturbahnrodler Sandra Mariner und Stefan Haselwanter. 2025 wurde mit Christof Habringer auch der erste eigene Bahnmitarbeiter zum Rodelguide ausgebildet, um die steigende Nachfrage sicher abdecken zu können. Zusätzlich wurde, analog zu den beliebten Skitourengeher-Abenden, die Idee geboren, Dienstag und Donnerstagabend die Sektion 2 oben am Berg bis 20.30 Uhr für Rodler offen zu halten. 2025 wird dieses Angebot zusammen mit dem Gasthaus Halsmarter gastronomisch erweitert, „Pfandl-Gondel-Rodel“, wie Gilli ausführt.

Silke Zeuner, einst Bobfahrerin und jetzt Sportwissenschaftlerin, erklärt die Situation vor Ort: „Wir haben bei der Mittelstation einen bestens präparierten, eigens für die Zwugl Rodelschule abgesperrten Platz mit Start- und Zielfahnen. Die Kinder erhalten eine Startnummer, Urkunden sowie Medaillen. Auch vermitteln wir ihnen die Rodelregeln und Rodeltechnik, wie Bremsen und Kurvenfahren, so können die Kinder meist nach zwei Stunden selbständig rodeln. Unser Anspruch ist es, sicheres Rodeln zu vermitteln. Zusammen mit der immer top hergerichteten und schneesicheren Rodelbahn ist unsere Zwugl Rodelschule ein Vorzeigeprojekt in ganz Österreich!“.

Eine interessante Beobachtung: Wenn die Kinder zum Rodeln in der Schule waren, kommen die Erwachsenen sehr oft ebenfalls dazu, meist eine Woche später. Das Verhältnis Kinder zu Erwachsenen ist bei den Gästen fast ausgeglichen. Die Einheimischen sind nach dem Motto „des kann i eh“ naturgemäß eher weniger. Meistens rodeln die Kinder dann nach dem Kursbesuch jedoch besser, und die Eltern kommen ihnen nicht mehr nach.

Auch bei den lokalen Schulklassen ist Rodeln ein Thema. So bietet die in Tulfes ansässige Skischule Total ihren Schulklassen alternativ zum Skikurs auch Rodelkurse an. Skischulleiter Felix Plaikner erklärt das Konzept: „Nicht mehr alle Schulkinder wollen Skifahren oder Snowboarden lernen, das zeigten die vergangenen Jahre. So müssen wir Alternativen entwickeln. Das Ziel sollte sein, dass die Kinder der lokalen Umlandgemeinden zumindest ein Mal im Jahr auf unserem Glungezer sind. 2024 hatten wir die erste Volksschule für drei Tage beim Rodelzwugl. Die Kinder waren begeistert, daher bieten wir das in dieser Saison jeder Schule mit an. Somit kann in der Zeit, in der die anderen Kinder Skifahren oder Snowboarden, das Rodeln gelernt werden. Rodeln ist unter dem Aspekt der Sicherheit ebenso wichtig wie Skifahren, dazu benötigt es ausgebildete Leute. Hierfür haben wir ein Gesamtpaket, bei dem die Kinder mit dem Bus bereits bei den Schulen abgeholt werden. Hier angekommen treffen sie ihre Ski- oder Rodellehrer, fahren auf den Berg und haben eine tolle Zeit. Anschließend werden sie wieder nach Hause gebracht. Ich möchte hier dankend erwähnen, dass das Land Tirol bei den Bus- und Kurskosten mitsponsert!“.

2024 waren rund 60 Kinder an einem Tag die Höchstbelegung der Rodelschule. Für heuer sind an Spitzentagen 120 Teilnehmer angekündigt. Insgesamt haben im vergangenen Winter rund 1.700 Leute die Rodelschule absolviert. Auch heimische Firmen nutzen die Möglichkeit zu rodeln - in Kombination mit der Gastronomie auf der Halsmarter. Die Rodelschule startet im Winter jeden Donnerstag um 14.00 Uhr, weitere Termine sind auf Anfrage auch möglich.
www.glungezerbahn.at

Text: Bernhard Schösser