LearnToRock

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"Rock" ist ein mittlerweile fast inflationär besetzter, trendiger Begriff. Schlagerstars und Politiker wollen Bühnen und Länder "rocken", was genau damit gemeint ist, erschließt sich niemandem. Richtig rocken lernen kann man in Tirol seit 2015 mit Profirockmusikern und den zwei Musikschulen von "Learn to Rock" in Kufstein und Innsbruck. Eine interessante Freizeitbeschäftigung abseits von Handy und Playstation - daher baten wir die Initiatoren Werner Bruck und Jeremy Lentner sowie die Musiklehrer Sonja Lengenfelder und Bernie Welz zum ausführlichen Gespräch.

Wie ist Learn to Rock in Tirol entstanden?
Werner: Chris Hermsdörfer, deutscher Gitarrist der eigentlich aus Tirol stammenden und international erfolgreichen Symphonic Metal Band Serentity, hatte in Deutschland die Idee zu "Learn to Rock". Also hat er zwei Filialen gegründet. Der Bassist von Midriff, Jeremy Lentner, initiierte das Projekt 2015 in Kufstein, hat dort also die erste Filiale in Österreich eröffnet. Ich habe Jeremy damals bewundert, mit welchem Engagement und welchem Elan er mit knapp über 20 Jahren den Einstieg mit dem eigenen Unternehmen gewagt hatte. Ich hatte dabei meine finanziellen Zweifel. Jeremy präsentierte mir zur Entkräftung dieser Bedenken jedoch schon bald eine Warteliste von Leuten für seine Schule! Kurz darauf habe ich mit meinem Geschäftspartner Alexander Stegmayr im November 2016 die Schule in Innsbruck gegründet. Bei uns mit dabei ist noch meine Frau Anna - Maria Thurau, als Buchhalterin und "gute Fee im Hintergrund". Für mich persönlich ist Learn to Rock ein Spaßprojekt und Ausgleich zu meinem normalen Beruf als Sozialpädagoge.

Wie kann man sich diese Musikschulen nun vorstellen?
Jeremy: In Kufstein haben wir drei Räume und rund 120 Schüler, die uns zum Unterricht wöchentlich oder zumindest alle zwei Wochen besuchen. Werner hat in Innsbruck so zwischen 75 und 85 Schüler in seiner Filiale im Mariahilfpark. Wir bieten Unterrichtseinheiten von 30, 45 oder 60 Minuten. Gruppenunterricht für zwei Personen gibt es bei Learn to Rock auch, der Großteil sind jedoch Einzelstunden. Preislich bewegen wir uns bei rund 30 Euro pro Stunde, das ist also durchaus erschwinglich. Unser Schulvertrag läuft zwei Monate, dieser kann jedoch nach Absprache auch kürzer sein.

Werner: Bei Learn to Rock arbeiten ausschließlich aktive Musiker, alleine in Innsbruck sind momentan 10 Lehrer tätig. So haben wir auch für ausgefallene Sonderwünsche immer den passenden Lehrer zur Seite. Generell wird bei uns immer das unterrichtet, was die Schüler machen wollen. Also kein Standardprogramm, das gab es bisher genau ein einziges Mal.

Welche Leute kommen zu euch?
Sonja: Ganz verschieden. Ich unterrichte junge Leute, die Gesang richtig lernen wollen. Wir haben aber auch ältere Teilnehmer, die sich z.B. einen Jugendtraum erfüllen wollen, und einen ihrer Lieblingssongs fehlerfrei und richtig singen möchten. Andere wieder wollen für ein "open-mic" (Anmerkung: Session mit eigenen Werken und freier Teilnahmemöglichkeit) eigene Songs präsentieren. Oder sie trainieren für eine Castingshow. Ich unterrichtete auch schon ein Männergesangs-Duo, das einfach besser zusammen singen wollte. Meine Tätigkeit geht bis zum Bühnencoaching, wie man das Mikro richtig einsetzt oder wie man sich dann "on Stage" präsentiert.

Bernie: Bei mir ist es ähnlich. Es kommen Leute zum Schlagzeugunterricht, um das Spielen von Beginn an richtig zu lernen. Andere bereite ich z.B. auf eine Aufnahmeprüfung am Konservatorium vor. Wieder andere spielen Schlagzeug als Ausgleich zum Beruf, die Musik ist quasi das Ventil. Prinzipiell unterrichte ich die Leute nach ihren individuellen Wünschen. Die sind bei allen unseren Schülern ab einem Alter von 15 oder 16 Jahren klar ausgeprägt. Logischerweise gibt es dann auch die passenden Übungen für zuhause.

Werner: Wichtig ist hier besonders die Motivation, die unterschiedlich ist: Manche kommen, um ihrem Hobby nach zu gehen. Andere spielen in einer Band und wollen sich verbessern. Ich habe auch schon Musiktheorie gelehrt, oder mit einem Schüler Improvisationskonzepte gesucht. Ein Schüler von mir, ein Gitarrist, arbeitet sehr zeitintensiv im Tourismus. Daher kommt er während der Saison seltener, dafür dann, wenn Zwischensaison ist, zwei bis drei Mal wöchentlich. Das ist bei Learn to Rock alles individuell lösbar! Mir ist ein niedrigschwelliger Einstieg wichtig, so gibt es bei jedem Lehrer eine Gratisprobestunde, die dann zu einem positiven, gegenseitigen Kennenlernen führt.

Bernie: Es ist wie bei einem Sportler: Der Schüler braucht Geduld. Wenn du einmal joggen gehst, kannst du keinen Marathon laufen. In der Musik ist es dasselbe. Ich höre gelegentlich von Schülern, dass sie keine Weiterentwicklung sehen. Dann empfehle ich ihnen, sich zum Jahresanfang selbst auf zu nehmen, und dann sechs Monate oder ein Jahr später wieder. Dann sehen sie den klaren Fortschritt!

Sonja: Wichtig ist: Keine Scheu bei Fragen! Wir Musiker helfen uns doch gerne untereinander!

Wie ist die Altersstruktur eurer Schüler?
Werner: Von fünf bis 68 waren jetzt schon Schüler bei mir. Mein allererster Schüler, den wir bei Learn to Rock überhaupt hatten, war ein ehemaliger Jurist, der einfach Gitarre lernen wollte. Der Schwerpunkt sind eigentlich Anfänger, darunter einige Studenten. Viele stellen sich mit 30 oder auch 40 Jahren die Frage: "Soll ich das überhaupt noch anfangen, zahlt sich das noch aus?" Na Klar!

Ist "Rock" das ausschließliche Thema?
Werner: Wir unterrichten nicht nur "Rock". Es kommen Leute mit Musik der Beatles zu uns, um das zu erlernen, auch angehende Liedermacher. Es gibt klarerweise auch normalen Klavierunterricht und auf Anfrage sogar Ukulele! Nur volkstümliche Musik wirst du bei Learn to Rock nicht finden.

Was unterscheidet Learn to Rock von einer normalen Musikschule?
Werner: Für mich persönliche Highlights sind die Besuche von Freunden, mit denen wir dann auch Workshops abhalten. So war die Gitarristin von Michael Jackson, Jennifer Batten, ebenso bei uns zu Gast wie beispielsweise die auf FM4 momentan angesagte Wiener Sängerin Paenda. Im Zuge der Zusammenarbeit mit Jennifer Batten haben unsere Lehrer gemeinsam mit ihr eine Single aufgenommen, "Track One", auf der Jennifer das Solo spielt. Die Nummer ist in wenigen Monaten als Download erhältlich. Vielleicht kommt dann mit weiteren Musikern ein ganzes Album dabei heraus, wir werden sehen.

Jeremy: In Kufstein hatten wir letztes Jahr einen Workshop mit dem Gitarristen von Seiler und Speer, Bernth Brodträger. Sehr cooler Typ. Des Weiteren veranstalteten wir auch einen Tontechnikworkshop direkt in einer großen Konzertlocation. Eine tolle Erfahrung für uns und die Kursteilnehmer.

Werner: Du kannst bei Learn to Rock beispielsweise auch eine Originalgitarre des Scorpions Gitarristen Matthias Jabs ausprobieren, das ist mit Voranmeldung möglich. Oder es gibt Kleinworkshops mit momentan ja sehr angesagten Vintage-Instrumenten. Da können die Schüler 50er und 60er Jahre Gibson- oder Fender-Gitarren zum normalen Studiopreis ausprobieren, aufdrehen und spielen, und mit den aktuellen Modellen vergleichen. Weitere coole Projekte mit internationalen Stars sind in Vorbereitung, wir wollen die Namen aber erst nennen, wenn die fix sind.

Was sind die weiteren Ziele von Learn to Rock?
Werner: Mein kurzfristiges Ziel in Innsbruck sind 100 Schüler. Langfristig geht es mir darum, den Learn to Rock-Grundgedanken zu verbreiten. Auch örtliche Musiker zusammen zu bringen, um die Szene zu beleben. Den Grundimpuls von Rockmusik umzusetzen. Gute Rockmusik hat eine Dynamik, sie verleitet nicht zum Sitzen. Sie hat Charisma. Ich glaube auch, dass diese Musik für jeden Einzelnen, der sie macht, persönlichkeitsbildend im positiven Sinn ist. Langfristig wäre mein Ziel Learn to Rock zu erweitern. 40 Filialen in ganz Europa wären schon toll, auch wenn es momentan noch wie eine Fantasie klingt...!

Jeremy: Unser langfristiges Ziel in Kufstein ist, die Schüleranzahl weiter zu erhöhen und das Gebiet des unteren Unterinntals mit "Learn to Rock" abdecken zu können. Wir stehen momentan bei ca. 120 Schülern aus den Bezirken Kufstein, Kitzbühel und Schwaz. Es ist natürlich primär wichtig, diese Zahl an Schülern zu halten. Die letzten drei Jahre waren wirklich lässig, mit einem tollen Team an unserer Seite. Natürlich ist es auch wichtig, das Thema und vor allem die Marke "Learn to Rock" weiter zu entwickeln, mit mehreren Standorten - aber das ist etwas Zukunftsmusik. Aktuell merken wir deutlich, dass von mehreren Seiten her starkes Interesse an Workshops und Events mit uns besteht. Der Ausbau des Workshopangebots, u.a. Tontechnikworkshops, Studiorecording, Gitarre-, Bass- und Gruppencoaching, stehen in den nächsten Monaten an. In Kufstein haben wir auch seit wenigen Wochen den "Learn to Rock Jam Room", wo die Schüler gemeinsam proben, üben und Spaß an der Musik haben können - ein richtiger Proberaum im Proberaumkomplex der Kufsteiner Kulturfabrik. Ein Ort, wo die nächste Generation an Musikern an ihrem Können feilt - ganz unverkrampft und mit viel Spaß an der Musik. Was Learn to Rock als Marke bzw. Institution in Österreich und Deutschland angeht, wollen wir in Kooperation mit den Partnerschulen in Bamberg und Innsbruck versuchen, die Botschaft und die Firmenphilosophie weiter in die Welt der Musik zu tragen und auch den Ausbau von Filialen forcieren - aber das geht natürlich nicht von heute auf morgen und sollte behutsam und gut geplant sein.

 

 

Redakteur & Fotos: Bernhard Schösser