Die Tiroler Volxpunker im großen Interview inklusive Wordrap
Sie sehen aus wie die Enkel der Schürzenjäger oder die kleinen Brüder der JuZis. Optisch ist das ein bunter Stilmix aus Lederhosen, Metalshirts und Tirolerhut. Please welcome live on Stage: die Analphabeten! Die ursprüngliche Besetzung der 2008 gegründeten Analphabeten bestand ausschließlich aus Musikanten aus der 1000-Seelen-Gemeinde Ellbögen im föhnigsten Tal der Welt, dem Wipptal. Da die Bandmitglieder als Bewohner eines Tiroler Bergdorfes mit Zeltfesten, Feuerwehrfesten, Kirchtagen, Prozessionen und anderen sinnlosen Dorfbesäufnissen aufgewachsen sind, haben diese Tiroler Traditionen in ihrem musikalischen Schaffen tiefe Spuren hinterlassen. Ziel der Analphabeten war es stets, diese Tiroler Traditionen mit den musikalischen Anforderungen der Band in Einklang zu bringen. Es stellte sich bald heraus, dass es dafür nötig ist ein eigenes Musikgenre zu entwickeln. Die Analphabeten sind daher unseres Wissens die einzige Band weltweit, die sich dem Volxpunk verschrieben hat. Damit ist - man glaubt es kaum - eine Mischung aus Punkrock und Volksmusik gemeint. Die Band scheut sich aber nicht, auch andere Elemente von Ska bis hin zu Metal in ihre Lieder einzubauen. Sie singen auf Deutsch und bestechen durch ihre lustig sarkastischen Texte. Ihre kürzlich erschienene CD „Tradition & Rausch“ ist sehr erfolgreich und konnte tolle Resonanzen erzielen. Grund genug für FREIZEIT-TIROL, den beiden Gitarreros und Gründungsmitgliedern Christopher "Die Prinzessin" Wilhelm (Gesang und Gitarre) und Tomtom Geir sowie den seit rund fünf Jahren in der Kapelle tätigen Drummer Georg Riess und Südtirol Import Florian Larcher (Bass) auf den Zahn zu fühlen.
Beschreibt mal euren Stil, musikalisch bleibt ihr ja sofort in Erinnerung - warum?
Wir lieben es mit Tiroler Klischees zu spielen und treten daher in Lederhosen auf. Im Laufe der Zeit entwickelten sich die Nummern mehr zu Dialekt-Texten, wobei die Ironie oder auch schwarzer Humor wichtiger Bestandteil sind. Wir sehen uns als kritisch und satirisch, singen also oft das Gegenteil von dem, was gemeint ist! So auch auf unserer neuen Scheibe „Tradition & Rausch“: Es gibt einfach Traditionsvereine, die nur zum Saufen da sind. Oder dass Tirol immer noch „tief schwarz“ ist, das sind Fakten. In Tirol dreht sich doch alles nur um die Seilbahn. Unser Vorschlag: Gleich auf jeden Berg eine Seilbahn bauen, so spart man sich die Öffis und mit den Seilbahnen kommst du überall superschnell hin! Der Hauptseilbahnhof wäre dann vermutlich im Zillertal!
Zur wirksamen Promotion eurer Songs habt ihr sehr unterhaltsame Videos gedreht?
Stimmt, das Drehbuch, wenn man das so nennen will, arbeiten wir selber aus. Die Videos, aber auch die neue Scheibe, sind von unserer Fancommunity sehr gut aufgenommen worden. Jeder freut sich, wenn wieder ein neues Video herauskommt. Auch auf unserem Social-Media-Kanal sehen wir die Zustimmung. Unser Filmer pflegt zu sagen: „Ich bin schon gespannt, was euch jetzt schon wieder für ein Sche***s“ eingefallen ist!
Live seid ihr also sehr überzeugend und gut eingespielt. Wie hat sich das entwickelt, was waren die bisherigen Highlights?
Wir haben tatsächlich auf Bierdeckel-großen Bühnen angefangen. Mittlerweile spielen wir bunt gemischt auf großen und kleinen Bühnen rund 20 Konzerte pro Jahr. So waren wir schon mehrmals beim legendären Open Air der Coffee Bar in Innsbruck zu Gast, letztes Jahr dort auch zwei Mal indoor. Highlights in der jüngeren Vergangenheit waren Support für Seiler & Speer oder das Lake Rock Festival 2023 in Salzburg.
Ein besonderes Highlight war euer Auftritt bei der ORF-Castingshow „Die große Chance“. Wie kam es dazu?
Die Idee dazu hatte unser Produzent und Manager Jay Hundert. Wir waren anfänglich sehr skeptisch, meldeten uns dann doch an und kamen ohne Bewerbungsphase, nur mit drei Handyvideos aus dem Proberaum, direkt auf die Bühne. Das Schlimmste war das Alkoholverbot am Küniglberg, das glaubst du nicht. Dem haben wir uns aber widersetzt, indem wir Biere, eine Flasche Schnaps, Speck und Graukas hineinschmuggelten. Wir deklarierten es als „Teil der Performance“. Schließlich einigten wir uns darauf, wegen der ganzen Kameras, das Bier unter den Tisch zu stellen. Der Chefproduzent konnte unschwer überredet werden und trank dann mit uns mit. Unser Highlight: Wir traten im ORF Hauptabendprogramm auf, was schon eine ordentliche Reichweite erzielte. Das Schöne im Fernsehen war, dass man uns sah – und gleichzeitig eine Menge Kinnladen, die bis zum Boden herunterklappten. Weil sie alle nicht glaubten, was da gerade abging. Unsere Bewertung mit den 9 erreichten Sternen stellte das Maximum dar, wir sind leider nur knapp nicht weitergekommen. Aber es war für uns ein Schub und eine lustige Erfahrung.
Was sind die Pläne für 2025 und die nähere Zukunft?
Speck selchen. Nein, im Ernst, wir freuen uns auf das Konzert mit J.B.O im Herbst im Komma in Wörgl. Top-Secret, da noch nicht auf der Presskonferenz verlautbart, ist ein Auftritt auf einem großen Festival in Ostösterreich. Ansonsten versuchen wir uns schrittweise weiter zu entwickeln und unseren Volxpunk der breiten Bevölkerung näher zu bringen. Unser Endziel wäre es, Eingang in das Schulliederbuch „Sing & Swing“ zu finden. Das ist so, wie wenn du bei „Super Mario“ endlich die Prinzessin gerettet hast!
Wordrap:
Gendern: Bier!
Musik: Ja!
Sport: Nein, Woll! Skitouren, Mountainbike, Wandern zur Almhütte, somit alles Tiroler Sportarten.
Wo seht ihr euch in 10 Jahren: Im Spiegel!
Lieblingsurlaubsziel: Wiesen/Pfitsch und Lazise
Politik: Aktuell zum Fürchten!

Text: Bernhard Schösser
Fotos: Analphabeten, Franz Oss, Bernhard Schösser