5th Avenue? Nie gehört. Ich kenne 5th Angel aus den 80ern, aber 5th Avenue? Sicherlich Newcomer! Man verzeihe mir als rund 800km südlich von Hamburg lebendem Alpenbewohner diese Unkenntnis: 5th Avenue sind in der Hansestadt als „Kultband“, „Beste Hamburger Liveband“ oder als „Wacken-Pioniere“ bekannt. Immerhin spielte das Sextett als eine der ersten Bands 1990 auf Wacken, ausgiebige Touren mit beispielsweise Mamas Boys, Saxon oder D.A.D. folgten. Der Fleiß wurde belohnt, 1994 gab es einen Major-Deal bei Polydor, und jetzt kommt die Bombe: Nach Veröffentlichung der Single „Luka“ löste sich die Band auf, ohne die in Aussicht gestellten Recordings in den legendären „Goodnight Studios“ in LA zu finalisieren! 25 Jahre später, 2014, stieg – wie könnte es anders sein – auf Wacken die Jubiläumsshow, der Metal Hammer kürte die Band darauf hin zu einem der besten Wacken Acts. Konzerte auf anderen großen Open Airs wie den Harley Days folgten. Parallel dazu erschien eine EP mit dem wohl programmatischen Titel „It`s Been A Long Way“. Nun wurde im September 2016, 27 Jahre nach Gründung der Band, fast nicht zu glauben, die erste reguläre, volle CD, „Last Greetings From The Petting Zoo“ veröffentlicht. Soweit die auszugsweise Historie von 5th Avenue! Wie klingt nun der vorliegende „Petting Zoo“ der Herren Knobel-Vocals, Marc- Gitarre, Jonathan-Gitarre, Ansas-Orgel, Adrian-Bass und Steven-Drums? „Rough Affair“ startet rockig, der Sound erinnert an die Hochblüte amerikanischer AOR Kunst ala Journey oder Foreigner. Eine angenehme Überraschung! „Civilized In Harmony“, „Easier Said Than Done“ und „Remedy“ reihen sich hier nahtlos ein:
Gepflegter Rock, zeitlos, gemixt mit kräftigen Gitarren und amtlichen Keys (Orgel), zum vollkommenen Potpourri veredelt durch einen permanenten Groove, der wahlweise linkes oder rechtes Bein im Takt mitwippen lässt! Mit „Mrs. Strong“ wird dann eine fast sechseinhalb minütige (Halb-)Ballade gereicht, die ebenfalls zu begeistern weiß, „Love…Hate“ rockt dann wieder im eher schnelleren Tempo weiter. Beim folgenden „Legend Of A Postman“ wird nochmals das Tempo erhöht. „Ocean“ ist wieder eine balladenähnliche Nummer, sehr harmonisch, schöne Orgel, feine Gitarren! „Save The Day“ startet mit Purple Orgel, gesanglich sind (wieder einmal) auch Parallelen zu den Black Star Riders und Ricky Warwick zu erkennen, erneut packt einen der Groove der Nummer! „Satellite“, mittlerweile Song Nummer 10, beginnt mit akustischer Gitarre ala „Großvater“ von STS, entwickelt sich aber rasch ebenfalls zum Ohrwurm. Der vorletzte Song des „Petting Zoos“, „Insane“ ist wieder Hardrock pur, „causè I´m insane, on the road to madness..“, die Textzeile bringt es auf den Punkt! „Destiny“ als Schlussnummer vereint nochmals alle Stärken der Hamburger: Catchy Refrains, satte Gitarren, groovige Orgel…! Schluss und Aus! Der geneigte Tiroler sagt jetzt: „Bischt du deppat?“, der hinter der Grenze wohnende Bayer würde es ziemlich ähnlich artikulieren.
Für alle anderen sei zusammengefasst: Ein (Hard)Rockhammer der Extraklasse, 12 Songs, no Filler! Da, wo Bon Jovi in ihrer Glanzzeit aufhörten, setzen 5th Avenue an: Gepflegter AOR Sound mit treibenden Rhythmen. Für mich, trotz November, eine der großen Überraschungen 2016 – 10 von 10 Punkten und ein fettes „Halleluja“! In Zeiten, wo man als Hörer und Konsument immer mehr den Eindruck hat, dass die (nicht nur deutschen) Bands von einer langen und lange vorproduzierten Wurst jährlich ein gleichklingendes Silber-Scheibchen herunter schneiden und auf den Markt werfen, man also quasi meinen könnte, es könne in diesem Leben nichts Neues oder Besseres mehr nachkommen, in diesen also prinzipiell kargen und öden Zeiten überraschen 5th Avenue mehr als wohltuend! Den Nordlichtern seien vom Onkel aus den Bergen am Ende noch zwei Dinge ins Stammbuch geschrieben: Wir hoffen euch auch mal irgendwo in der Nähe von Österreich live zu sehen – und – die nächste Scheibe sollte nicht erst wieder in 27 Jahren nachgeschoben werden!
Redakteur: Bernhard Schösser
Foto: Julia Baumgartner