CD Review: Turbobier - King of Simmering

Unsere österreichische Lieblingstrank-, pardon, -Punkband, Turbobier, melden sich lautstark und promillent zurück! Nachdem sie bereits mit dem Debütalbum den wichtigsten österreichischen Musikpreis, den Amadeus Austrian Music Award, einheimsen konnten und mit dem zweiten Album "Das Neue Festament" auf Anhieb die Spitze der österreichischen Charts stürmten, hat nun das Drittwerk "King of Simmering" das Licht der Welt erblickt. Zungenschnalzenden Kennern fällt sofort auf: Am Cover fehlt Michael Häupl! Nachdem der Wiener Exbürgermeister ja anfangs Klagsdrohungen gegen und dann das Spritzerglaserl mit Marco Pogo erhoben hatte, dürfte dieser Fauxpas nur mit der Pensionierung und dem damit einhergehenden - medial verbreiteten - verstärkten Fitnessprogramm des Herrn Häupl erklärbar sein...! Schade aber trotzdem! Nun, der groovige Opener "Heute fahr ma Polizei" mit Paul Pizzera tröstet über dieses subkulturelle grafische Manko locker hinweg. Kommt doch im textlich perfekt arrangierten Partykracher neben ausgiebigem Alkoholkonsum und den damit verbundenen - für den Normalbürger gänzlich unbekannten und ungeahnten Transport- und Shuttlemöglichkeiten - auch Innenminister und BIMAZ Herbert Kickl prominent vor...! ("Kickl, heast Kickl, geh fahr uns no a Stickl!").

Der darauf folgende Titeltrack "King of Simmering" ist deutlich punkiger angehaucht als der Opener und besticht durch deutsch-(d)englischen Wortwitz! "That makes me no one so fast after!" dürfte sich zu einem ähnlichen Alltime High Klassiker wie "Stop the Birds" entwickeln...!

Etwas beschaulicher, ja fast nachdenklich, präsentiert sich dann "VHS" - die zunehmend von vielen Zeitgenossen verspürte Sehnsucht nach den (vermeintlich) guten alten Zeiten kommt in der Textzeile "Spult`s mir mei` Leben zruck wie eine oide VHS!" zum Ausdruck. "Mord im Affekt" ist dann wieder eine typische Turbobier Nummer: Reggae-Elemente, kräftige Punk Akkorde und eine klare Ansage ("Ab ins Leichenhaus!") lassen das Herz der Fans sicher höher schlagen. "Zgroße Schuach", Titel Nummer fünf, liefert einen durchaus reflektierten Text ab, klarerweise wieder in einer musikalischen Punklawine verpackt. "Fassl", ein etwas an die Hosen erinnernder Titel, besinnt sich dann glücklicherweise wieder auf den wahren Sinn des Lebens, geht es doch darum, vor dem Nachhauseweg doch noch ein selbiges zu leeren. Mit dabei auf der Nummer ist übrigens Christopher Seiler, ja der mit dem Speer!

Für alle Hörer, denen das Thema Alkohol dann fastenzeitunabhängig doch zu wenig anspruchsvoll ist, liefert "Zweifel" wieder eine inhaltlich gediegene Gedankenwelt, auch "Kopf durch die Wand", ein mit fetten Hip-Hop Elementen angereicherter Titel, schlägt in die Kerbe "Dr. Marco Pogo spricht zu euch!". Die vorletzte Nummer, "Ich bin dich endlich los" ist eine rockige Nummer mit Problemen, wie sie (fast) jeder hat: "Schick die Ex in die Botanik!" Nach so viel Tiefgründigkeit wird die innere Balance des Turbobieruniversums in Simmering mit "Tanke" und dem Mitgröhler "Danke, liebe Tanke" zum Schluss wieder klar und unmissverständlich hergestellt!

Zusammengefasst liefert "King of Simmering" die erwarteten 10 starken Turbobier-Aufgüsse, im - seit "Festament" Zeiten - musikalisch an den Rändern etwas erweiterten Punkrock-Spektrum. Hinten raus wird`s etwas dünner, wenngleich das Jammern auf durchaus hohem Niveau bzw. Promillestand ist und wir noch lange nicht von "Radler" sprechen! Fairerweise gilt aber auch hier: Welche Band packt schon zehn Höchstnoten-Kracher am Stück auf einen Langdreher? Für mich ist das klare Highlight der Opener "Heute fahr ma Polizei" - verbunden mit der Hoffnung, dass der Herr BIMAZ seit dem "Ride the Höll" Transparent bei der Heim Rad WM im Vorjahr seinen Spaßhorizont etwas erweitert hat. Für den King und seine Buben gibt`s daher von mir neun von zehn sauber ausgetrunkene Hülsen!

Redakteur: Bernhard Schösser