Turbobier - Die Chartstürmer vom Schnellimbiss

"Nichtstun muss was wert sein!"

Turbobier ist keine neue Starkbiermarke, Turbobier ist eine Punk(rock)band aus dem schönsten aller Wiener Gemeindebezirke, genauer gesagt dem Elften, also Simmering. Turbobier waren mit ihrer neuen CD "Das neue Festament" vor kurzem Nummer eins in den österreichischen Charts (Review HIER). Grund genug also, um mit Sänger und Oberturbo Marco Pogo im Vorfeld des Innsbruck Konzertes der Band im Weekender einige freundliche und bierernste Worte zu wechseln.

Freizeit Tirol: Wie ist Turbobier entstanden?

Turbobier: Das war 2014. Wir vier haben uns immer beim Schnellimbiss "Helga" zum Biertrinken getroffen. Aus unserer finanziellen Not heraus haben wir beschlossen eine Band zu gründen, um das Bier künftig durch die Veranstalter finanziert zu bekommen. Wo uns das alles hinführen würde, haben wir zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst...!

Freizeit Tirol: Was sind eure musikalischen Einflüsse?

Turbobier: Die "Sex Pistols", "Ramones" und 2,4 Prozent "Mötley Crue", wobei Mick Mars ein bisserl besser Gitarre spielen kann als wir!

Freizeit Tirol: Aktuell seid ihr mit der neuen CD auf Tour. Wo und wie viele Konzerte spielt ihr jetzt?

Turbobier: Hauptsächlich spielen wir in Österreich und Deutschland. Ein Konzert ist jedoch auch in der Heimatstadt des Punkrocks, London, geplant. Ebenfalls neu fixiert ist ein Auftritt in Ungarn. Man sieht also: Bier ist eine internationale Sprache! Und um die Frage gleich vorweg zu nehmen, ob uns die Deutschen auch verstehen: Wenn es die Engländer verstehen, werden es die Norddeutschen auch kapieren. Außerdem ist Musik eine Emotion. Emotionen muss man nicht übersetzen. Jetzt haben wir rund 20 Termine fixiert, es grenzt schon fast an Arbeit. Also das Gegenteil von unserem Motto: "Nichtstun muss was wert sein!", das wir auf unsere Fahnen geheftet haben. Aber wir werden uns wieder in den Schnellimbiss "Helga" zurückziehen, um dort zur Ruhe zu kommen!

Freizeit Tirol: Könnt ihr von "Turbobier" schon leben?

Turbobier: Spirituell reicht es alle Mal. Die Veranstalter, die uns einladen, sind immer sehr umsichtig, dass keiner verdurstet. Das spart natürlich die Fixkosten von Zuhause, weil wir dort jetzt weniger Bier brauchen. Außerdem sind wir alte Elstern: Wir räumen jeden Kühlschrank aus, sofern noch etwas übrig geblieben ist. Wenn wir noch Biere mitnehmen, was selten genug vorkommt, können wir das gewinnbringend als Leergut in direkte monetäre Mittel umwandeln. Wir haben ein speziell ausgeklügeltes System entwickelt, wie wir österreichische Dosen in Deutschland zu Pfand machen können. Was andere Bands an Instrumenten und Technik hinten im Anhänger drinnen haben, ist bei uns nur eine Nebelmaschine und Leergut.

Freizeit Tirol: Ihr habt vor zwei Jahren schon am Nova-Rock gespielt, heuer steht noch Wacken am Plan. Seid ihr glücklich damit?

Turbobier: Wir sind sehr zufrieden, ja. Heuer kommen noch das "Full-Metal-Mountain Festival" und das "Summer-Breeze" mit dazu. Das ist insofern toll, da wir keine klassische "Metal" Band sind. Irgendwie verschlägt es uns trotzdem in diese Richtung. Bier ist eine internationale Sprache und Bier kennt keine Genregrenzen! Es freut uns, den einen oder anderen "Metalhead" von der Großartigkeit dieser Band überzeugen zu können.

Freizeit Tirol: Zurück zur neuen CD! Auf eurem Erstling "Irokesentango" (Review HIER) ging es noch lauter zur Sache. Auf "Das neue Festament" sind durchaus auch einige ruhigere Nummern mit textlichem Tiefgang vorhanden. Was war die Intention? Ist es die allgemeine Altersreife, die bei euch eintritt, oder wolltet ihr euch mehr am Markt orientieren?

Turbobier: Also, uns "Reife" zu unterstellen ist, glaube ich, generell falsch! "Irokesentango" war eine sehr "roughe" Scheibe. Für "Das neue Festament" haben wir uns viel Zeit im Studio genommen, denn Zeit haben wir ja - wir tun ja sonst nichts - und so ist ein ziemlich ausgefeiltes Ding entstanden, auf das wir sehr stolz sind! Markttechnische Überlegungen spielen hier keine Rolle, wenn man mit solchen Dingen an eine Scheibe herangeht, kann man es von vorne herein bleiben lassen! Außerdem: Was ist der Markt, gibt es für unsere Musik überhaupt einen Markt? Das neue Album klingt anders weil wir denken, man sollte nicht zweimal dasselbe Album herausbringen. Das machen Bon Jovi seit 1995 - wohlgemerkt, ich möchte nicht die frühe Schaffensphase von Jon Bon Jovi diskreditieren, es wird halt irgendwann fad...! Es ist total legitim, sich weiter zu entwickeln und am Sound zu basteln. Wenn bei uns jetzt manche Leute glauben würden, das ist kein Punk mehr, das ist "Verrat", dann gibt es von uns die Nummer "Punkfahrrad" als Antwort! Außerdem heißt "Punk", dass man tun und lassen kann, was man will. Wenn uns jemand vorschreiben will, wie das zu klingen hat, hat er genau nichts verstanden. Aber es gibt leider mehr Musikkritiker als Türschnallen auf der Welt!

Freizeit Tirol: Die erste Scheibe war auf einem Major Label veröffentlicht, jetzt habt ihr euer eigenes Label. Warum?

Turbobier: Wir sind den Kinderschuhen entwachsen. Ein Major Label hat den Vorteil, dass du dich bei einer Veröffentlichung um nichts zu kümmern brauchst. Alles wird dir abgenommen, was ja unserer Prämisse des "Nichtstuns" durchaus entsprechen würde. Das Geile, wenn du es selber machst, ist, dass du 1000 prozentige Freiheit in alle Richtungen hast und nichts abstimmen musst. Du tust es einfach, das entspricht unserem Wesen. Wir wollen keinen fragen, ob es eh "für alle cool ist". Dass "Das neue Festament" in den Charts auf die Nummer Eins geklettert ist, unterstreicht, dass diese Entscheidung richtig war.

5 Fragen an Marco Pogo

Turbobier-Marco Pogo from Freizeit Tirol on Vimeo.

 

Freizeit Tirol: Habt ihr aktuelle Verkaufszahlen zur Nummer Eins?

Turbobier: Nein noch nicht. Aber wir haben mehr verkauft als das "Neujahrskonzert", das in Woche drei vorne war. Wenn man weiß, wie dieses Konzert promotet wird, kann man sich ausrechnen, was es heißt, das zu schaffen. 2016 waren elf Alben aus Österreich auf Nummer Eins. Das sind alle Genres dabei, vor allem die "Schlagerpartie". Da sind wir stolz, aber vor allem dankbar, dass es immer noch Leute gibt, die die CD, einen Download oder das Vinyl kaufen, und nicht nur eine grindige YouTube Version heruntersaugen. Das unterstreicht, dass es sehr wohl Musikliebhaber da draußen gibt, und es dennoch möglich ist als "Nieschenband" breiten Erfolg zu haben. Sollte Andreas Gablier jetzt dadurch weniger CDs verkauft haben, tut mir das natürlich sehr Leid für ihn!

Freizeit Tirol: Was sind die weiteren Pläne von Turbobier?

Turbobier: Wir versuchen eigentlich permanent "noch weniger zu tun", was schwierig ist, wenn man eh schon nichts tut. Über dieses Thema hat sich dereinst schon der Philosoph "Bieronysos von Simmering" Gedanken gemacht, fast philosophisch sagte er "Ich trinke, also bin ich!". Wir versuchen einen schönen Sommer zu verbringen, es haben viele Festivals angefragt, ob wir spielen wollen. Ebenso melden sich größere Bands, ob wir mitspielen möchten. Das freut uns, bis September werden wir touren. Dann wird es irgendwann ein drittes Album geben. Das artet in Arbeit aus, aber wir versuchen natürlich, unserer Prämisse zu folgen, noch weniger zu tun. Denn Kreativität ist wie ein Zapfhahn: Solange das Fass voll ist, kommt etwas heraus!

Freizeit Tirol: Du wolltest mit einem politischen Statement schließen?

Turbobier: Ja! Wir versuchen eine Vertretung für alle Drangla, Tachinierer, Abizahrer, Tschecheranten, Tunichtgute und Müßiggänger und -Innen in diesem Land auf zu bauen. Daher haben wir die "Bierpartei" gegründet. Wir sind im "Bundesministerium für Inneres" im Parteienregister auf Position Nummer 90 eingetragen: Die BPÖ! Der Vorwurf der politischen Mitbewerber, das sei alles nur Satire, geht ins Leere. Im Jahr 2017 ist er relativ schwierig zu unterscheiden, was ist eine Satirepartei und was nicht? Auch ein Blick über den "großen Teich" legt die Vermutung nahe, dass das alles nur ein großer Witz ist. Somit erwarte ich mir für die BPÖ für die nächste Nationalratswahl die absolute Mehrheit - mindestens! Dass es endlich wieder einmal heißt: "Volle Krüge statt Lohnabzüge!

 

Redakteur: Bernhard Schösser
Fotos: Bernhard Schösser, Flo Glatzl