Sie sind eine unverzichtbare Säule im Angebot des Tiroler Tourismus - die Fremdenführer. Wobei "Fremdenführer" so wie "Fremdenverkehr" oder "Fremdenzimmer" Termini sind, die mittlerweile als überholt, veraltet und teilweise auch als negativ besetzt gelten. Dem folgend wurde die österreichweite Berufsbezeichnung "Austriaguide" ins Leben gerufen. Antonella Placheta und Alexandra Danninger-Baesens, zwei gleichermaßen charmante wie kompetente Vertreterinnen ihrer Zunft, erklären die Zusammenhänge.
Die Vergangenheit.
Schon im 17. Jahrhundert gab es die Berufsbezeichnung des Fremdenführers im Vatikanischen Staat. In Tirol gehen das Gewerbe und die Tätigkeit zurück auf die Fremdenführer der 1950er und 1960er Jahre. Reichte es in den Anfangszeiten noch, dem Gast die Sehenswürdigkeiten zu zeigen, so hat sich der Anspruch der Kunden radikal verändert. Der Gast ist mittlerweile viel anspruchsvoller, informierter und auch weitgereister. Ebenso hat er - nicht zu Letzt dank Internet - viel mehr Vergleichsmöglichkeiten als früher. Somit hat sich die Ausbildung gewandelt.
Die aktuelle Situation der Austriaguides in Tirol.
Aktuell sind rund 160 Damen und Herren als Fremdenführer in Tirol tätig. Allen gemein ist eine umfangreiche Ausbildung über drei Semester, rund 700 Lehreinheiten. Die Ausbildung hat einen bundeslandspezifischen Schwerpunkt, ein erfolgreicher Abschluss berechtigt jedoch dazu, in ganz Österreich zu führen. So arbeiten viele Tiroler Guides im Rahmen von Österreich - Touren in allen Landeshauptstädten. Um die Ausbildung beginnen zu dürfen, ist eine erfolgreich abgeschlossene Matura Voraussetzung. Mindestens eine Fremdsprache in "Wort und Schrift" ist, wohl wenig überraschend, ebenfalls Grundbedingung. Der Abschluss der Ausbildung zum Austriaguide erfolgt mit theoretischer -, praktischer - sowie Unternehmerprüfung. Die Berufsausübung ist reglementiert, die Ausbildung basiert auf den EU-Richtlinien der "Zen-Normierung".
Der Arbeitsalltag eines Austriaguides.
Einen guten Fremdenführer macht aus, dass der Gast die Zeit der Betreuung als "gute Unterhaltung" und nicht nur als bloße Vermittlung von Zahlen, Daten und Fakten wahrnimmt. Ebenso sollte der Fremdenführer möglichst auf alle Fragen seines Gastes eine passende Antwort haben. Zwar gibt es einen Teil der Kollegenschaft, die durch externe Vermittler wie Tourismusverbände nur gelegentlich und nebenberuflich führen, die "Vollprofis" unter den Austriaguides sind aber, wie generell Unternehmer, mit einem umfangreichen Arbeitspensum eingedeckt. So stellen die administrativen Tätigkeiten und Marketing mittlerweile rund 50 Prozent der Aktivitäten dar. Gab es früher eine klare Hauptsaison im Sommer, so wird die Zwischensaison - dank umfangreicher Aktivitäten und Angebotsdiversifizierung der Austriaguides - immer kürzer. Die Sommersaison startet mittlerweile bereits Ende April und geht bis Ende Oktober. Hier sind die klassischen Stadtführungen die Haupttätigkeit, wobei sich die Arbeit als extrem weitläufiger Job darstellt. Denn nicht immer wird nur das "Goldene Dachl" präsentiert! Die Dauer einer Stadtführung variiert: Von einer Stunde bis zu drei Tagen oder mehr kann diese dauern, wobei rund zweieinhalb Stunden der Durchschnitt sind. Seit einigen Jahren eröffnet jedoch auch eine Weihnachtssaison, die von Mitte November bis Ende Jänner läuft, zusätzliches Geschäft für die Austriaguides. Hier wird vor allem auf speziellen Veranstaltungen und natürlich Krippenausstellungen rund um das Thema "Weihnachten" geführt.
Der wirtschaftliche Erfolg des Austriaguides hängt sehr viel von den eigenen Ideen ab. So gibt es mittlerweile rund 30 Themenführungen - in zum Teil eigenen Kostümen! Die Angebotspalette reicht von Stadteilführungen und speziellen Inhalten wie beispielsweise einer "Krimiführung" oder "Starke Frauen" in Innsbruck bis hin zu eher ausgefallenen Themen wie einer "Rotlichtführung" oder einer "Henkersführung" in Hall. Eine "Ratschkattlführung" in Rattenberg rundet das opulente Angebot ab...! Für diese Führungen werden die Kostüme eigens angeschafft oder genäht und verschönert, gilt es doch, möglichst originalgetreu auf zu treten. Seit 2016 im Programm, und bereits ein Klassiker, ist die Führung "Innsbrucks Geschichte in fünf Akten". Es ist eine kurzweilige Reise von der Stadtgründung bis in die "Jetztzeit". Somit ist diese Kostümführung die unterhaltsame Variante der Vermittlung der prägnanten und epochalen Abschnitte der Geschichte der Landeshauptstadt.
Generell gilt auch bei den Austriaguides: Je mehr Varianten im Angebot erhältlich sind, desto mehr Aufträge werden gebucht. In der Vermarktung gibt es immer mehr Zusammenschlüsse, um am Markt besser auftreten zu können. Neue Gäste kommen durch Mundpropaganda, aber auch die Zusammenarbeit mit Reisebüros. Erfreulicherweise nützen auch mehr Einheimische im Rahmen von Familienfesten die Möglichkeit von Themenführungen, auch die Zahl der Individualgäste ist bei den Austriaguides in Tirol im Steigen begriffen. Natürlich hat sich neben der Ausbildung auch die Arbeit technisch weiter entwickelt: Galt es früher durch akustisch unüberhörbare Stimmbandakrobatik und oftmals mit gezücktem Regenschirm, quasi als Leuchtturm und Orientierungspunkt, die Gästeschar zu manövrieren, so sind nun seit einiger Zeit die "Quiet Voxes" im Einsatz. Kopfhörer, direkt mit dem Austriaguide verbunden, ermöglichen allen Beteiligten ein angenehmes und verständliches Hören und Erleben der Führung. Auch hier ist Tirol wieder Vorreiter: Das System ist in Innsbruck für die Gäste gratis!