Sicherheit im freien Skiraum

Im letzten Winter starben in Österreich 15 Menschen in Lawinen. Dabei wären viele Lawinenunfälle vermeidbar. Wie bereitet man sich richtig auf eine Bergtour im Winter vor? Was ist zu tun, wenn man einen Lawinenabgang miterlebt und Menschen verschüttet werden? FREIZEIT-TIROL beleuchtet zum Start der diesjährigen Wintersaison einige interessante Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten.

„Virtual Reality“ – Trainingssimulator für Lawinenrettung
Der Lawinenwarndienst des Landes Tirol hat in Zusammenarbeit mit der Tiroler Firma MediaSquad in Auftrag von Sicherheitslandesrätin Astrid Mair einen Trainingssimulator für Lawinenrettungen entwickelt. Die Anwendung „Notfall Lawine VR“ ermöglicht es, mittels Virtual-Reality-Technologie (VR) schnell und unkompliziert für den Ernstfall zu trainieren. Das Projekt wurde bereits für den Tiroler Innovationspreis 2023 nominiert. Ab sofort kann der Trainingssimulator kostenlos unter www.lawinen.report/education/virtual-reality-project heruntergeladen werden. Für die Anwendung wird eine VR-Brille benötigt.

Regelmäßige Übung kann Menschenleben retten
Vom Rucksack packen zuhause bis auf den Berg: Die Nutzer setzen für die Übung eine VR-Brille auf und können sich während der gesamten Simulation umsehen, frei bewegen und mit Bewegungs-Controllern Handgriffe beinahe wie „in Echt“ durchführen. „Lawinen sind eine ernstzunehmende Gefahr im Alpenraum, die leider Jahr für Jahr immer wieder Verschüttete und auch Todesopfer mit sich bringen. Wir werden daher nicht müde – auch im Vorfeld der heurigen Wintersaison – an die Eigenverantwortung und ein sicheres Miteinander zu appellieren“, betont Astrid Mair. Kommt es zu einem Unglück, zähle für die Verschütteten jede Sekunde, so Mair weiter: „Daher ist die sogenannte „Kameraden-Rettung“ durch Anwesende direkt vor Ort oftmals entscheidend. Je besser Ersthelfer ausgebildet sind und je schneller Verschüttete gefunden und ausgegraben werden können, desto höher sind die Überlebenschancen. Umso wichtiger ist es, dass Wintersportler, die in den Bergen unterwegs sind, sensibilisiert sind, die richtige Ausrüstung mit sich führen und im Ernstfall wissen, was zu tun ist. Mit dem neuen Trainingssimulator „Notfall Lawine VR“ haben wir ein Tool entwickelt, das dies ermöglicht – und tragen damit zur Rettung von Menschenleben bei. Das Tool in dieser Form ist im deutschsprachigen Raum einzigartig!“

Norbert Lanzanasto vom Lawinenwarndienstes des Landes Tirol erklärt: „Neben dem breiten Angebot an Lawinen-Kursen im Gelände bietet der neue Trainingssimulator eine niederschwellige Ergänzung: Kurse im Gelände, bei denen realitätsnahe Szenarien durchgespielt werden, benötigen mehr Zeitaufwand und umfangreiche Vorbereitungen. Mit dem neuen Trainingssimulator haben wir eine Anwendung initiiert, mit der realitätsnahe Szenarien simuliert und oft geübt werden können!“

Die Simulation beginnt für die Nutzer im virtuellen Zuhause: Zunächst gilt es, alle nötigen Gegenstände für eine Tour in den Bergen – unter anderem Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS), Schaufel und Sonde – in den Rucksack zu packen. Ist das erledigt, folgt der Aufstieg in den alpinen Raum. Nach LVS-Check und Notfallbriefing wird die Bergtour gestartet, bei der ein Lawinenabgang angenommen wird. In der Simulation muss eine verschüttete Person lokalisiert werden. Dafür müssen verschiedene Techniken wie die LVS-Suche und Punktortung/Sondierung angewandt werden. Das Szenario endet schließlich mit dem Ausschaufeln und dem Eintreffen der professionellen Rettungskräfte.

Auch Hermann Spiegl, Landesleiter der Bergrettung Tirol, sieht für den Trainingssimulator großes Potential: „Die Anwendung ist eine ausgezeichnete Ergänzung für Schulungen – das Training kann wiederholt werden, um so die einzelnen Schritte zu automatisieren. Durch den hohen Spaßfaktor kann sie gleichzeitig auch der Sensibilisierung dienen: Das Tool kann so etwa bei Veranstaltungen oder Besuchen in Schulklassen eingesetzt werden, um vor allem jüngeren Menschen auf spielerische Art und Weise die „Kameraden-Rettung“ näher zu bringen und sie etwa für den Besuch eines Lawinenkurses zu begeistern. Der Trainingssimulator kann von jedermann mit wenigen Klicks kostenlos heruntergeladen werden!“

Geballtes Live-Wissen für Wintersportler
Der Österreichische Alpenverein veranstaltet zum Einstieg in die Skitourensaison das erfolgreiche „Lawinenupdate“ wieder als Tour und Livestream. Alpenvereinsexperte Michael Larcher bringt als Vortragender das Lawinenwissen von interessierten Wintersportlern auf den neusten Stand.

Wie bereitet man sich auf Touren abseits von Skipisten vor? Welche Ausrüstung gehört in den Rucksack? Was muss man bei der Tourenplanung beachten und welche Faktoren unterstützen die Entscheidungen vor Ort? Themen rund um die praktische Lawinenkunde und Rettungstechnik sind für alle relevant, die im Winter am Berg unterwegs sind. Tourengeher, Freerider, Schneeschuhwander und andere begeisterte Wintersportler dürfen sich somit wieder auf das „Lawinenupdate“ des Österreichischen Alpenvereins freuen. Denn auch heuer wird Interessierten die Gelegenheit geboten, bei einem brandaktuellen und informativen Vortrag einiges zum Thema Schnee und Lawinen zu lernen – oder vorhandenes Wissen aufzufrischen.

In zweieinhalb spannenden Stunden beleuchtet der Bergführer Michael Larcher ausgewählte Lawinenereignisse aus dem letzten Winter und hilft dem Publikum dabei, den Blick für die Gefahrenmuster zu schärfen und grundlegende Sicherheitsvorkehrungen zu verinnerlichen. Der zweite Teil des Vortrags bietet jede Menge Praxiswissen für Tourengeher: Wie funktioniert die Notfallausrüstung, wie läuft der LVS-Check ab, wie sucht man effizient nach Verschütteten und wo findet man die richtigen Kurse, um den Ernstfall Lawine zu üben?

Die Tour mit 21 Stopps in ganz Österreich (und einem Termin in Südtirol) startet am 23.11.2023. Der für alle zugängliche Livestream findet am 13.12.2023 in Innsbruck im Haus der Musik statt. statt. Der entsprechende Link wird vorher unter www.alpenverein.at/lawinenupdate verfügbar sein.

Vermeidbare Unfallmuster
„Rund 20 Wintersportler sterben Jahr für Jahr durch Lawinen. Auch wenn nicht alle Lawinen vorhersehbar sind und Unfälle auch ohne menschliches Fehlverhalten passieren können, beobachten wir doch auch wiederkehrende Unfallmuster, die eindeutig vermeidbar wären“, sagt Larcher. Er gibt außerdem zu bedenken: „Ein Vortrag kann niemals die praktische Ausbildung im Gelände ersetzen. Er kann aber motivieren, die Kursangebote des Alpenvereins und der Alpinschulen zu nutzen.“

Doch wie schon erwähnt, kann ein Vortrag oder ein Simulator zu Hause die Realität bei einem Lawinenabgang im Gelände nie zu 100% nachstellen, daher bietet SAAC (snow & alpine awareness camps) die beliebten SAAC Lawinen-Camps an. Seit 25 Jahren ist der „Verein zur Information für alpine Gefahren“ mit SAAC Vorreiter in Sachen alpiner Sicherheits-Camps. Die SAAC-Geschichte begann 1998 mit der Idee eines Sicherheitstrainings für all jene, die gerne außerhalb der markierten Pisten unterwegs sind. Diese Botschaft ist heute noch wichtiger als vor 25 Jahren, sind doch wesentlich mehr Menschen im freien Gelände unterwegs. Im kommenden Winter stehen über 25 kostenlose SAAC Basic Camps zur Auswahl. Diese sind für alle Wintersportler, die das eigene Bewusstsein schärfen wollen, um Gefahren im Gelände besser einzuschätzen zu können. Dort lernt man, wie man die Lawinenvorhersage richtig interpretiert und wie man Touren am besten und sichersten planen kann. Die richtige Ausrüstung, LVS-Training, Wettercheck, Gefahren- und Sicherheitsaspekte, richtiges Verhalten am Berg - das und vieles mehr wird den Teilnehmern bei den 2-tägigen und kostenlosen Camps in Theorie und Praxis von den staatlich geprüften SAAC Bergführern vermittelt.

Der Saisonstart sowie auch das letzte Camp der Saison finden im November und April am Stubaier Gletscher statt. Dazwischen ist das SAAC Team zu Gast in zahlreichen weiteren Gebieten in Tirol, Salzburg und Niederösterreich. Die Anmeldung erfolgt problemlos: Auf www.saac.at den Wunschtermin wählen und Campplatz sichern. Neben den klassischen SAAC Basic Camps ab 14 Jahren stehen erneut die beliebten „Woman Power Camps“ im Kalender, ebenso wie Family Camps für Familien mit Kindern ab 12 Jahren und Skitourencamps für Anfänger!

Bilder: MEDIASQUAD, Bernhard Schösser, Luca Jänichen, Daniel Bär