"Letter to you" ist das 20. Studioalbum von Bruce Springsteen, dem mittlerweile 71-jährigen „Boss“. Die vorab veröffentlichten Singles "Letter To You", der Titelsong, und "Ghost" machten schon ein bisschen Appetit auf das, was am Langdreher folgen würde. Und zeigten: Der Boss ist immer noch gut bei Stimme und mit der endlich wieder an Bord befindlichen E Street Band ganz schön rockig unterwegs. Da stellte sich die Frage: „Kann das restliche Material mithalten?“ Absolut! Es ist erfreulicherweise ein für Springsteen typisches Album, dennoch ein ganz besonderes. Musikalisch nicht, da dürften sich seine Fans sofort zuhause fühlen! Springsteen hat sich jedoch auf sein Erfolgsalbum "Born in the USA" besonnen, wo er alle Lieder mit seiner E Street Band live bei sich zuhause aufgenommen hatte. So sperrte Bruce Steven Van Zandt, Max Weinberg und Co. eine Woche lang ins Studio und nahm live gemeinsam auf, drei Songs pro Tag.
Das Ergebnis kann sich hören lassen: Ungezwungen drückt es aus den Boxen, nicht perfektionistisch in jeder Nuance, sondern live, roh und direkt. Gestartet wird sanft, verträumt mit "One Minute You're Here", vorsichtiges, akustisches Gitarrenpicking. Der Boss, von Verlusten geplagt, singt "Baby, Baby, Baby, I am so alone". Unverkennbares Springsteen-Feeling kommt bei den richtig rockenden Songs wie dem Titelsong "Letter To You", "Last Man Standing" und dem sehr nachdenklichen "House of a Thousand Guitars" auf.
Auch "Rainmaker", mit seinem Western-Flair, gehört zu dieser Art Nummern. Obwohl es eher balladesk beginnt, steigert es sich, wird immer kraftvoller, fast schon aggressiv. Richtig flott gehen "Burnin' Train" und "Ghosts" ab, die Nummern reißen einen auf Anhieb mit! Ganz tolle Songs, wie man sie vom Boss gewohnt ist. Mit "Song for Orphans", "Janey Needs a Shooter" und "If I was the Priest" hat Springsteen übrigens drei Songs aus den 1970ern ausgegraben, die es bislang noch nicht auf ein Studioalbum geschafft hatten.
Mein Fazit: "Letter To You" ist ein typisches Album von Bruce „The Boss“ Springsteen, bei dem es alles zu hören gibt, was seine Musik schon immer, seit „Born in the USA“, ausgemacht hat. Kraftvolle und dynamische Songs wechseln sich mit ruhigen, gemächlichen Rockern und gefühlvollen, manchmal melancholischen Balladen ab. Die Songs sind gewohnt "rustikal", Schnickschnack und Firlefanz sind ihm fern, das ist gute und zeitlose Rockmusik. Es ist ein Album, das Spaß macht, welches auch eine Verbeugung vor der E Street Band, vor den Freunden, der Familie von Bruce Springsteen und vor der Kernidee des Rock 'n' Rolls ist.
Redakteur: Bernhard Schösser