CD Review: Gotthard-Silver

Gegründet 1991 in Lugano in der Schweiz kommt exakt 25 Jahre nach dem selbstbetitelten Debüt "Gotthard" mit "Silver" der insgesamt 12. Langdreher der Eidgenossen heraus. Interessantes Detail am Rande: Bis jetzt schaffte es jede CD im schweizerischen Heimatland an die Spitze der Charts! Nach dem tragischen Unfalltod von Ausnahmesänger Steve Lee im Oktober 2010 ist "Silver" die mittlerweile dritte Veröffentlichung mit "Neo-Sänger" Nic Maeder. Der Vorgänger "Bang" wirkte überzeugend, der Auftritt im November 2014 in Kundl ebenso, Grund genug also, um "Silver" auf "Herz und Nieren" zu testen. "Silver River" zum Einstieg kommt mit Chören und fetter Gitarre angefahren, ein kompakter Song, ein idealer Opener. Schwungvoll weiter geht`s mit "Electrified", ein leichter Uptemporocker, starke Gesangslinie, cooler Refrain! "Stay With Me" ist dann die erste Halbballade, Akustikgitarre, Keyboardteppich, Chöre - geht ins Herz und ins Ohr, gegen Ende der Nummer wird dann aber auch ordentlich die Klampfe mit Strom bearbeitet - einfach toll! In der gleichen Tonart geht es mit "Beautiful" weiter, rockig, nicht zu hart und nicht zu eckig - jede Menge AOR Hitpotential mit der rauchigen Stimme Maeders garniert. "We could be beautiful together!" - Halleluja, das wäre in den frühen 80er Jahren wohl ein Partyknaller allererster Güte in der Abteilung "Büchsenöffner" gewesen! Zurück in die Gegenwart: "Everything Inside" rockt ziemlich amtlich weiter, klar, die Schweizer wissen seit je her, wie man eine knackige Nummer zimmert. Neben Maeder`s markanter Stimme bestechen Gotthard in gewohnte Qualität durch die brillante und filigrane Gitarrenarbeit von Leo Leoni und Freddy Scherer, die von der Rhythmusabteilung Hena Habegger und Marc Lynn unterstützt werden. "Reason For This", Song Nummer sechs, präsentiert sich wieder gemütlicher, eine ebenfalls vollkommen radiotaugliche Nummer! Das folgende "Not Fooling Anyone" ist dann eine Ballade mit allen "klassischen Zutaten" inklusive Streichereinsätzen, sehr schön! "Miss Me" geht in der gleichen Tonart weiter: knarzender Kuschelrock 2017. Immerhin sind/waren Gotthard ja auch schon früher für ihre balladesken Schmachtfetzen bekannt und verehrt.

Musikalisch zumindest für mich abwechslungsreicher geht es mit "Tequila Symphony No. 5" weiter, Streichereinsätze erinnern an Ludwig van Beethoven`s Sinfonie Nr. 9, interessant arrangiert, leicht groovig, macht Spaß! "Why", mittlerweile Track Nummer 10 auf "Silver", klampft wieder akustisch los, steigert sich dann aber im Refrain beachtlich, also auch hier "Daumen hoch"."Only Love Is Real" fällt dann wieder in den Bereich Softrock bis Halbballade inklusive breit angelegtem Chor."My Oh My" rockt dann, zur Versöhnung meiner Altherrenfraktion, in gewohnter Gotthard Manier und auch das abschließende "Blame On Me" fährt nochmals tempomäßig auf die Überholspur: rockiger Groove, geile Hooks, Mundharmonika! Zusammenfassend sei angemerkt: Ja, Gotthard waren schon rockiger und heavier, ich erinnere an die drei ersten Alben, wo Kracher wie "Fist In Your Face" oder "Downtown" auch heute noch Freude und Entzücken hervorrufen. Ja, und Gotthard hatten, zumindest meiner bescheidenen Meinung nach, auch schon wesentlich schwächere Sachen am Start. Ja, und die Fanschar, im Marketingsprech "die Zielgruppe" dürfte sich im Laufe der letzten 25 Jahre doch auch etwas weg vom "Heavy Metal Kid" zum "AOR Freund" gewandelt haben, sei es nur durch den parallel dahin gehenden Alterungsprozess aller Beteiligten. Somit würde ich satte 8 (von 10) Punkten für Silver anschreiben, die Scheibe sei allen Freunden von guter Rockmusik ans Herz gelegt. Und ja, ich wette, auch "Silver" schafft die "Nummer Eins" in den Charts der Eidgenossen. Für alle Tiroler, die Gotthard zusammen mit den Pretty Maids live sehen wollen: die Möglichkeit bietet sich am 02. März in der Tonhalle in München!

 

Redakteur: Bernhard Schösser