Am Cover proklamiert Kardinal und Ex-Papst Josef Ratzinger „Frühpension für Alle“, und auch der Wiener Bürgermeister hat es, wie schon am Erstling „Irokesentango“, wieder ins Bild und in die mehr oder weniger prominente Runde lebender oder bereits verstorbener „Trankler“ geschafft. Alles klar: Turbobier, Marco Pogo mit Anhang, sind zurück!
Logisch, die Themen bei den Simmeringer „Trank-Rockern“ sind vorgegeben, also geht`s frei von Vorurteilen und Restalkohol an die zwölf Nummern! Der Einstieg „Verliebt in einen Kiwara“ fährt mächtig los, eine Nummer, die es schon beim ersten Durchlauf schafft, in Erinnerung zu bleiben. Eine Art „Herzblatt-Show“ für die offensichtlichen Antipoden der Simmeringer, quasi das Gegenteil zum vielgeliebten und -besungenen Bier, die Polizei! „Feuerwehrfestl“ ist die durchaus gelungene Momentaufnahme der auch im Heiligen Land Tirol herrschenden Gebräuche der Wochenendbeschäftigung, der Nachfolger auf der nächsten CD sollte dann wohl „Landesüblicher Empfang“ heißen…! Ungewohnt ernst, mit Tiefgang, kommt dann „A Mensch is a Mensch“ um die Ecke, auch Turbobier machen sich offensichtlich mehr Gedanken als nur über das tägliche Bier. „Feiertag“ und das folgende „Die heilige Bierbel“, quasi der Titeltrack, sind thematisch wieder auf Spur, exemplarisch sei die Zeile „bei uns gibt`s immer nur die Flut!“ erwähnt. „Insel muss Insel bleiben“ ist eine textlich fein ausgearbeitete Liebeserklärung an die Wiener Donauinsel, garniert mit Wiener O-Tönen und punkigen Chören – schön!
In dieselbe Kerbe schlägt Track Nummer sieben, „Fettsein ist ein Menschenrecht“, wenig überraschend sind hier nicht die Abonnenten diverser professioneller Gewichtsreduktionsinstitute Inhalt der Nummer. „Mia san der Albtraum von jeder Schwiegermutter“ ist der knackig gegrölte Refrain der gleichnamigen Nummer, ein Midtempokracher mit treibenden Drums, auch hier wieder ein fein filetierter Text…! Wieder ungewohnt ernst und weniger punkig ist „Frei sein“, das folgende „Mitzi“ ist die Lieberserklärung an die wohl beste Käsekrainerköchin Simmerings. „Mitzi, du bist so heiß, in deiner Gegenwart fängt sogar mei Hülsn an zu kochen!“ – dafür gibt`s von mir spontan einen Straus verwelkter Post-Valentinstag Rosen, ich meine, schöner kann man es einfach nicht ausdrücken! Richtig schnell wird beim folgenden „Punkfahrrad“ geballert, macht Spaß und passt gut. Die Schlussnummer „An erster Stelle“ ist eine fast balladeske Liebeserklärung, akustische Gitarre und sanfte Töne beenden den zweiten Turbobier Langdreher. Nun, zusammengefasst: Durchlauf eins war für mich nach dem tollen Erstling „Irokesentango“ eher enttäuschend, ab dem zweiten Durchgang offenbart „Das neue Festament“ jedoch den Charme und Schmäh der Simmeringer, denen auch die drei durchaus ernsten Nummern gut zu Gesicht stehen. Ich würde meinen, weniger „laude Gitarrn“ als am Erstling, jedoch eine klare musikalische Weiterentwicklung, die Hoffnung auf „Mehr“ macht!
Der direkte Einstieg der CD auf Platz Eins der Österreichischen Charts am 10. Februar dürfte wohl die Bestätigung meiner Ahnung sein, dass Turbobier künftig noch ein paar ordentliche musikalische Hülsn öffnen werden! Somit eine fette Bruchlandung auf 8 von 10 verdienten Hülsen in der Wertung! Und für alle Fans im „Heiligend Land“: Turbobier zelebrieren das neue Festament mit allen gleichgesinnten Bieristen am 23. Februar im Weekender in Innsbruck – also, auf zur heiligen Bierbel!!!
Redakteur: Bernhard Schösser