Der AC/DC Schlagzeuger zu Gast im Tiroler Oberland!
Wenn Angus Young, Gitarrist und Mastermind von AC/DC, sagt: „Slade was the best musician in AC/DC“ so hat das durchaus Bedeutung. Wenn man sich das Schaffen dieses so gewürdigten Herren ansieht, so liest sich das schon fast wie das „Who is Who“ der rockmusikalischen Zeitgeschichte. Nachdem die (seit 2015 wieder) aktuellen Dienstgeber aus Australien einen „ungewissen Status“ haben, macht sich Slade, immerhin seit letzten Oktober ein flotter „70er“, zusammen mit seinen Kumpels auf, das zu tun, was ihm Spaß macht, nämlich Schlagzeug zu spielen. Nebenbei wird so eine Zeitreise („Timeline“) daraus, die über zwei Stunden aus den diversen Bands seit 1963 (Tom Jones) bis heute (AC/DC) erzählt. Dass Slade finanziell ausgesorgt hat, ist klar, der pure Spaß, das „Brennen für das Schlagzeugspiel“ steht hier im Vordergrund, nicht umsonst baut der Meister in aller Ruhe sein voluminöses Drum Kit selber auf. So auch nach 2013 (dort mit einer Art „All-Star Band“) wieder im Rathaussaal in „Telfs Rock City“.
Als Opener zu Gast: Midriff aus Langkampfen, eine der (aktuell oder immer noch) heißesten „Newcomer“ in Sachen Heavy Metal in Tirol und wohl die Band aus unseren Breiten, die „immer geht“ und immer gerne gesehen wird. So auch heute: Jele am Bass, Josh an der Gitarre und der „Singing-Drummer“ Paul an den Kesseln machen sich getreu dem Bandmotto „Perfektion ist gut, Live ist besser“ auf, den Rathaussaal nach 2014 (damals als Opener für Pretty Maids) ein weiteres Mal erfolgreich anzuheizen. Wer Klassiker wie „Pumping Iron“, „Safehouse“ oder „House of Pain“ am Start und die Erfahrung von mehreren hundert Konzerten im Rücken hat, braucht sich um diese Aufgabe nicht lange zu sorgen. So schaffen es Midriff gleich von Beginn an, ihren wuchtigen Sound ins Publikum zu schieben und den recht gut gefüllten Rathaussaal zu begeistern. Würde das fußballerische „Catenaccio“, also „Beton anrühren“, eine Disziplin im Metalbereich sein, Midriff würden hier locker mit ihren Songs in der Champions League mitspielen! Auch die schon obligatorische Fanverpflegung mit „braunem Saftl“ (Nein, nicht die Zuckerbrühe aus den USA), „Jägermeisterbreak“ genannt, funktioniert gegen Ende des Sets nach „Soul to Burn“ wieder einmal perfekt. So hinterlässt das sympathische Trio aus dem Unterland einmal mehr einen starken Eindruck und hat zweifelsfrei ein paar neue Fans erspielt.
„Are You Ready“ von – NoNa – AC/DC läutet dann die über zwei Stunden dauernde, eingangs erwähnte Zeitreise durch fünf Jahrzehnte musikalischen Schaffens von Chris Slade ein. Mit dabei sind die Kumpels Paul Davis, Steve Glasscock, James Cornford, Michael J Clark und Andy Crosby, das Sextett hat passenderweise zwei Sänger, die sich je nach geforderten Vocals abwechseln. Dass AC/DC immer funktioniert, ist auch an diesem Abend klar erkennbar. Wie beim ausgiebig zelebrierten Sexspiel eines routinierten Altmeisters werden ruhigere Passagen mit Phasen der Ekstase vermischt, bevor dann der endgültige Höhepunkt erreicht wird, dessen Eintritt jedoch kunstvoll hinaus gezögert wird. Dass Ekstase im Fall eines Chris Slade die wohlbekannten Kracher der australischen Drei-Akkorde-Schrubber sind, ist klar. Manfred Mann’s Earth Band, dort spielte Slade als Gründungsmitglied bis 1978, ist so eine „Cool-Down-Phase“ im Konzert, „Davy’s on the Road again“ und „Blinded by the Light“ werden demzufolge musikalisch passend gereicht. 1979 bis 1981 trommelte Slade für Uriah Heep, die ebenso Eingang ins Programm finden wie Gary Moore. Slade spielt zu Ehren des 2011 verstorbenen irischen Gitarrenkönners „Parisienne Walkways“ und „Out in the Fields“. „Satisfaction Guaranteed“ stammt aus der Zusammenarbeit mit Jimmy Page, Paul Rogers und Tony Franklin unter dem Bandnamen „The Firm“ von 1984 bis 1986. An das Zusammenspiel mit David Gilmoure (Pink Floyd) wird mit „Is There Anybody Out There“ erinnert, bevor mit „Riff Raff“ und einem perfekten Drumsolo wieder richtig aufs Gaspedal gedrückt wird. „Delilah“ von Tom Jones brennt dann zeltfestartig endgültig die Hütte nieder, es wird getanzt (in Telfs übrigens im Gegensatz zur Landeshauptstadt vergnügungssteuerfrei!), bevor „Back in Black“ und „Thunderstruck“ wieder an der Orgasmuskurve rütteln. „Out in The Fields“ von Gary Moore und - abermals NoNa –„Rosie“ und „Highway to Hell“ beenden den Abend im großen Finale!
Zusammengefasst: Chris Slade ist ein unfassbar vielseitiger Schlagzeuger, der in seiner langen und erfolgreichen Karriere wirklich einen Teil Musikgeschichte getrommelt hat. Einen solchen Mann, quasi als „Wohnzimmerkonzert“ in Telfs zu sehen – dafür einmal mehr „Peace & Respect“ an „Telfs Lebt“ und Christian Santer! Wer wieder einmal unentschuldigt fehlte, weil der Kachelofen oder das epochale, allesentscheidende österreichische Fußballspiel gegen Moldavien wichtiger erschienen, dem/der/denInnen sei, nach einer Stunde Eckestehen zur Strafe, bereits jetzt der 04. November ans Herz gelegt: eine ebenfalls australische Band, deutlich jünger als AC/DC, musikalisch ähnlich bis weiterentwickelter, ebenfalls mit einem „A“ beginnend, wird – gerüchteweise- in „TelfsRockCity“ den Rathaussaal abtragen! Nein, nicht ABBA!
Redakteur: Bernhard Schösser