Konzertbericht: Dead Daisies und Whitesnake, 19.11.2015, Gasometer Wien

Tiroler Ansturm in Wien! Das seit langem angekündigte Reunionskonzert der Tiroler Band NO BROS und das ausverkaufte Konzert der Hardrocklegenden Whitesnake bescherte uns wieder einmal einen Ausflug nach Wien, gemäß dem Motto "Freizeit-Tirol on Tour".

Fast zur selben Zeit, back in 2008 in München, Olympiahalle: David, die Oberschlange, zerstört eines meiner bis dahin letzten Dogmen: Rockmusik ist live! So dermaßen offensichtlich vom Band wie damals, habe ich noch nie jemanden singen gehört, lässt man mal die Studentenjobs meiner Jugend in der Abteilung „volksdümmliche Musik“ vorne weg aus…!

Doch das Leben hat mich abgehärtet, über die Tour im Vorprogramm von Priest wurde allerorts fast nur Gutes berichtet, und außerdem galt es ja quasi das „80er Revival Tiroler Wochenende“ in Wien mit No Bros entsprechend ein zu läuten. Also, rein ins „Freizeit-Tirol Mobil“ und trotz Grenzkontrolle und angekündigtem Wintereinbruch auf in die schöne Bundeshauptstadt und zu dem immer nur bis Dienstagmittag arbeitenden Bürgermeister!

Die Bank-Austria Halle im Gasometer ist beim Eintreffen gut gefüllt, kurz vor Acht gehen dann auch schon die Lichter aus, und die Dead Daisies lassen nicht lange auf sich warten. Vom ersten Takt an besticht die „Allstar-Band“ rund um Sänger John Corabi (ex- Mötley Crüe), Gitarrist Richard Fortus, Keyboarder Dizzy Reed (beide Guns N' Roses) oder Bassist Marco Mendoza (ex- Whitesnake, ex- Thin Lizzy) durch absolute Spielfreude, packenden Songs und zum Glück gutem Sound und Licht! Mit „Midnight Moses“ als Cover der „Sensational Alex Harvey Band“ wurde in den Abend gestartet, „Evil“ und vor allem „Mexico“ von der aktuellen CD „Revolucion“ erwiesen sich als richtige Geschosse, um die Meute im Gasometer sofort voll mit zu ziehen! Schlagzeuger Brian Tichy ballerte seine Drumsticks fast mehr in die Luft anstatt auf die Felle, egal, wenn manchmal einer daneben fiel, ein offensichtlich eigens dafür engagierter Roadie sammelte die Sticks wieder für den Meister ein…Song Nummer vier, „Hush“ (Nein, ist immer noch von Joe South und nicht von Deep Purple) groovte richtig, und die Daisies zeigten klar, was eine ordentliche Rock`n`Roll Show im Jahr 2015 ist. Bei “With You and I“ signierte Corabi während des Singens das Poster eines Fans, wie auch sein Gedenken an die Opfer von Paris eine sehr sympathische Geste, die vom Publikum geschätzt wurde. Als „Ballade für seine Freundin“ wurde „Devil Out of Time“ angekündigt, der daraufhin folgende Kracher offenbarte wieder einen gelungenen Scherz des Fronters…! Mit „Helter Skelter“ der Beatles, insgesamt dem dritten Cover in zehn Songs, verabschiedeten sich die Dead Daisies von der Bühne in Richtung Merch-Stand, um dort noch Autogramme zu geben und das eine oder andere Erinnerungsbild knipsen zu lassen! Kurz gefasst: eine sehr geile Show, endlich wieder einmal eine tolle Vorband, die Deas Daisies wären als Headliner durchaus etwas im „heiligen Land“, beispielsweise im kleinen Städtchen mit dem umtriebigen Kulturvereinsobmann, der diese Band ja ÜBERHAUPT nicht mag…. :-)

Nach der folgenden relativ kurzen Umbaupause geht das Saallicht aus, Tommy Aldrige`s Wuschelkopf ist im Halbdunkel zu erkennen und Meister Coverdale selbst kommt bestens gelaunt mit dem ersten seiner bestimmt umfangreichen „Whitesnake Hemdkollektion“ auf die Bühne. „Burn“, der Überhit aus seiner Zeit mit Deep Purple wird auf die Bretter geknallt, der Startschuss zu einer durchaus mit Purple Klassikern versetzten Show. Bekannterweise wurden doch mit dem aktuellen „The Purple Album“ die größten Songs seiner Zeit mit MK 3 und MK 4 bei Deep Purple neu eingespielt und im heurigen Mai veröffentlicht. „Bad Boys“ und „Love Ain´t No Stranger“ sind wie der Rest des Abends Klassiker, wie beispielsweise bei Purple oder Metallica weiß der geneigte Besucher meist ohnehin, was ihn beim Konzert erwartet. Etwas überraschend daher die doch hohe Mischung an Deep Purple Covers am heutigen Abend, gleichzeitig aber doch eine wohltuende Abwechslung zu den sonst eher vorhersehbaren Setlists der „Weißen Schlange“. Die spannende Frage „singt Coverdale live, oder wie funktioniert das“ sei auch aufgelöst: es klingt tatsächlich live, Coverdale lässt sich aber von der kompletten Hintermannschaft mit Ausnahme von Drummer Tommy Aldrige gesanglich in seiner Tonlage unterstützen.
Besonders der neue Gitarrist Joel Hoekstra und Keyboarder Michele Luppi fallen durch schon fast exzessiven Backgroundgesang auf, der verbliebene Gitarrenmagier, Reb Beach, (seit 2002 bei der „Weißen Schlange“) muss da schon erkennbar weniger ackern. Immerhin, eine gute Entscheidung, wenn die Stimme wie bei anderen Mikrofon-Göttern der 70er und 80er nicht mehr ganz so will, allemal besser als Playback! Dort wo`s richtig in die Höhen geht (z.B. Here I Go again, Still oft he Night“) darf ohnehin das textsichere Publikum singen, auch ein Robbie Williams macht das mittlerweile mit „Feel“…!
Wie bei allen Legenden der 70er und 80er wird auch heute und hier wieder ordentlich soliert, Tommy Aldrige an den Drums schafft es aber (zumindest bei mir seit gefühlten 100 Jahren wieder) ein Solo ab zu liefern, bei dem ich nicht zuerst aufs WC und dann Bier holen gehe – Chapeau, der mittlerweile auch schon 65-jährige zeigt uns allen, „wo der Hammer hängt“! Die nun folgenden „Soldier of Fortune“, von Coverdale seinen verstorbenen Freunden Jon Lord und Tommy Bolin gewidmet, und „Is this Love“ als Staatsfu©nk kompatible Kuschellnummer läuten die etwas ruhigere Schlussrunde ein, „Fool for Your Loving“ und „Here I Go Again“ schließen den offiziellen Teil. „Still of the Night“ als einzige Zugabe und Coverdale`s obligatorische Segenswünsche beenden ein doch ziemlich cooles Konzert des Altmeisters und seiner (fast ausnahmslos) jungen Buben.

Zusammengefasst: Ich war noch nie ein Konzert mit so vielen Covernummern (insgesamt 10 Coverversionen bei 26 Songs beider Bands!), Coverdale ist optisch sehr gut, gesanglich durchaus gut in Form und somit lebt die Hoffnung, dass er und Whitesnake mit einer wie immer tollen Band irgendwann doch noch eine CD mit eigenen neuen Nummer raus hauen. Sollte das passieren werden viele Fans (und nicht nur ich) ohne Bedenken und Magenschmerzen ob der zu erwartenden Gesangsleistung gerne ein weiteres Mal zu den Konzerten erscheinen! Ich habe ihm mit diesem Abend somit München 2008 verziehen, „Be Safe, be happy and eh` scho wissen….!“

Setlist Whitesnake:

Burn
Bad Boys
Love Ain`t No Stranger
The Gypsy
Give Me All Your Love
Ain`t No Love in the Heart oft he City
Guitar Solo Rob Beach und Joel Hoekstra
You Keep on Moving
Mistreated
You Fool No One
Drum Solo Tommy Aldrige
Soldier of Fortune
Is This Love
Fool for Your Loving
Here I Go Again
Still of The Night