Nachdem mich die Live CD „Back To The Roots“ mit den darauf enthaltenen Nummern aus Udo`s Accept Zeit schlichtweg begeistert hatte, war es eine logische Entscheidung einmal mehr die Reise ins Allgäu, genauer gesagt nach Memmingen, anzutreten. (Wurde die CD doch im seinerzeit ausverkauften Kaminwerk in Memmingen aufgenommen). Immerhin sollte des Meisters prägnante Stimme, zumindest vorläufig, nach diesem Abend noch genau zwei weitere Male (Karlsruhe und Solingen) die Perlen der großen gemeinsamen Vergangenheit gesanglich wiedergeben, dann sei Schluss mit den alten Hadern der Solinger Metalschmiede, so die medial verbreiteten Ansagen. Also, auf über den Fernpass, zwei Stunden und Nebelbänke später erreichen wir Memmingen. Eine Stärkung im örtlichen Brauhaus bestätigt: Udo ist in der Stadt - ist der geräumige Laden doch mit ca. 60% Metalheads, die wie immer unschwer zu erkennen sind, gut gefüllt. Gefüllt ist dann auch der Magen, als wir zum Kaminwerk fahren. Dort ist alles dunkel, eine freundliche junge Dame erklärt uns, dass das Konzert wegen eines weiteren „Sold Out“ in der Stadthalle stattfindet, und gibt uns, da wir ganz klar kein ortsübliches Autokennzeichen haben, sicherheitshalber mal einen kopierten Stadtplan mit. Guter Service! Guter Service auch an der Parkgarage, die genau unter der Halle liegt: Ein freundlicher Herr am Schranken fragt, ob wir zur Veranstaltung gehen, oder nur so parken möchten. Ein Euro wechselt im Gegenzug zum Ausfahrtschip inklusive Parken bis zum bitteren Ende den Besitzer, der gelernte Innsbrucker kann so etwas schlicht nicht glauben, sind doch in der Hauptstadt der Alpen, auch oder gerade bei Veranstaltungen, für nur eineinhalb Stunden wohlfeile € 3,90 in der Garage angesagt! Als wir gegen 19.15 in die Halle kommen, sind Trance, als erste Band des Abends, setmäßig schon „in den letzten Zügen“. Ein paar Fotos vom Pressebalkon (ja, auch das hat positiv überrascht!!) gehen sich aus, dann ist Schluss. Genaueres kann ich somit nicht berichten, nur dass Trance, die ja schon in den 80er Jahren unterwegs waren (und die Alben „Break Out“ (1982) und „Power Infusion“ (1983) veröffentlichten), nun seit 2011 sozusagen in der Version 2.0 wieder am Start sind, und mit ihrem traditionellen Sound beim Publikum ganz gut ankamen. Kurzer Umbau, als nächste enterten die Amis von Vicious Rumors die Bühne. Immerhin schon seit 1979 am Werk, ist von der Urformation nur noch Gitarrist und Mastermind Geoff Thorpe übergeblieben, begleitet von Langzeitdrummer Larry Howe. Letzter Zugang im sonst bei den Kaliforniern üblichen „Bäumchen wechsle dich“-Spiel ist Sänger Nick Holleman, der optisch ein wenig an Jim Morrison erinnert. Mit „Digital Dictator“ wird eröffnet – es kann somit nicht wirklich etwas schief gehen. „Down to the Temple“ wird nachgefeuert und auch „Hellraiser“ passt perfekt. Weniger perfekt ist leider der Sound, insgesamt etwas sehr leise, und vor allem das Mikro von Holleman hätte mehr Saft vertragen. Der laut Homepage aktuell ebenfalls bei VR tätige Gitarrist Thaen Rasmussen fehlt heute, warum ist zumindest mir unbekannt.Trotzdem, oder gerade deshalb, legte sich der Rest der Band, Drummer Larry Howe und Bassist Tilen Hudrap, ordentlich ins Zeug, galt es doch, das aktuelle Langeisen „Concussion Protocol“ zu promoten. Von der CD gab`s dann auch „Circle of Secrets“ zu hören und zu sehen. Dass in der leider nur rund 35-minütigen Show dann doch noch Kracher wie „Let the Garden Burn“ Einzug fanden, ist erfreulich, machte das Unterfangen des „CD-promotens“ jedoch nicht unbedingt leichter. Mein Resümee: Vicious Rumors als Headliner in Clubs, wie vor einigen Jahren im Weekender in Innsbruck, sind eine Macht. Heute, trotz aller Bemühungen, war es etwas lau…!
Altmeister Udo ließ dann trotz verfrühtem Ende seiner Vorbands und fertig umgebauter Bühne etwas auf sich warten, nach deutscher Pünktlichkeit starte ein Countdown um 21.15 die nun folgende Show. Sohnemann Sven Dirkschneider, seit 2015 bei Papi an den Drums, klettert als erster hinten rauf, der Rest der Band, Basser Fitty Wiehold, und die Gitarristen Andrey Smirnov und Kasperi Heikkinen marschieren in einer Reihe langsam zu den Klängen von „Starlight“ zur Bühnenkante vor. Dann erscheint der Meister, beide Hände in Jubelpose ausgestreckt. Während andere Sänger auf die Bühne springen oder laufen, schreitet Udo Dirkschneider würdevoll nach vorne. 1.600 Fäuste werden Richtung Bühne gestreckt, der Jubel ist unbeschreiblich. Ton, Licht alles perfekt, „Living for Tonite“ und „Flash Rockin` Man“ kommen als nächstes dran, ein Abend der „Accept-all-time-Klassiker“ ist eröffnet! Meister Dirkschneider ist trotz seiner bald 65 Lenze immer noch stimmlich Top, und so wird gnadenlos, quasi wie aus Robin Hood`s Köcher, ein Pfeil nach dem anderen gezogen, Richtung Publikum geschossen, und immer ein Volltreffer verzeichnet. Egal ob „London Leather Boys“, „Midnight Mover“ oder „Neon Nights“, fast jeder kennt die Nummern, überall wird mitgesungen und Udo scheint immer wieder gerührt. „Memmingen, ihr seid unglaublich“, mit der spartanischen Effizienz eines Megadave Mustains, wird auf langes Herumgequassel verzichtet, gilt es doch, die Bruttospielzeit mit möglichst viel Nettospielzeit zu befüllen! Klar, dass die absoluten Klassiker wie „Princess of the Dawn“, Son of a Bitch“ oder „Screaming for a Love Bite“ voll einschlagen. Die Band ist ebenfalls gut drauf, besonders Sven Dirkschneider an den Kesseln hinterlässt einen ausgezeichneten Eindruck. Aber wer schon mal als Aushilfe bei Saxon getrommelt hat, bekommt den Job hier nicht nur wegen guter Kontakte zum Altmeister. Apropos Altmeister: je länger der Abend wird, desto mehr verfestigt sich bei mir das Gefühl, dass der Udo hier, zumindest im Metalgenre, so etwas darstellt wie der andere Udo, nämlich der Jürgens: eine unbestrittene Leitfigur in der deutschen Musikszene, die es einfach nicht mehr nötig hat, hier herum zu hüpfen, zu posen oder sonst irgendjemandem noch irgendetwas vor zu machen. Udo steht für Udo, Erfahrung, Hits und die markante Reibeisenstimme! „Monsterman“, „T.V. War“ und „Losers and Winners“ beenden dann das reguläre Set. Zugabemäßig wird ebenfalls „in die Vollen“ gegriffen: „Metal Heart“, „I´m a Rebell“, „Fast as a Shark“ „Balls to the Wall“ und „Burning“ sind der Garant für den endgültig unumstrittenen vollen Erfolg des heutigen Abends! Insgesamt 24 Nummern später steht fest: wer Udo in dieser Form und mit diesen Klassikern versäumt hat, ist selber schuld! Ob es das in irgendeiner Form nochmals geben wird – wir werden sehen! Halleluja und frohe Weihnachten Dirk Schneider!
Redakteur: Bernhard Schösser