Wanderherbst in Tirol

Obwohl der Sommer 2023 wettermäßig keine Dauerhitze und Sonnrekorde brachte, freuen sich viele Menschen bereits auf den goldenen Herbst, in der Hoffnung, zahlreiche Wanderungen machen zu können. Tatsächlich ist Wandern nicht nur in Tirol ein Dauerbrenner, das, obwohl E-Bike, Skitouren und Rennrad seit einigen Jahren konstante Zuwächse erleben. Gründe hierfür gibt es viele. Zum einen die relativ einfache und überschaubare Ausrüstung: Es benötigt ein gutes Paar Wanderschuhe, einen Rucksack und einige Utensilien, um starten zu können. Zum anderen die Möglichkeit, Orte zu erwandern, die man mit der Seilbahn oder dem (E-)-Bike nicht erreichen kann. Diese Ziele sind dann in der Regel auch nicht überlaufen. Man kann die Stille der Natur genießen, relaxen, abschalten, in sich hinein hören. Wandern funktioniert alleine oder in der Gruppe, entschleunigt und ist erwiesenermaßen sehr gut für das Herz-Kreislauf-System. Egal, ob man sportliches Bergwandern betreibt, bei dem das Erreichen eines Gipfels über Wege und Steige bergauf das Ziel ist, oder einfach Genusswandern, mit Naturerlebnis, sanftem Gelände und der Freude an der Bewegung betrieben wird, einige Grundregeln sollten immer beachtet werden.

Wetter: Auch wenn im Herbst die Gewitterwahrscheinlichkeit geringer als im Hochsommer ist, der Wetterbericht muss – unabhängig vom gewählten Tourenziel – immer beachtet werden. Klarerweise wird auch der Inhalt des Rucksacks maßgeblich von der Wettervorhersage beeinflusst. Mittlerweile gibt es ja für alle Smartphones verlässliche Wetter-Apps, zusätzlich empfiehlt sich im Internet der Besuch der Wetterseite der ZAMG.

Rucksack: Im Rucksack sollten ausreichend Getränke, Proviant, genügend atmungsaktive und wetterfeste Wechselwäsche, Regenjacke, Handy, Geldtasche sowie ein kleines Erste-Hilfe-Paket eingepackt sein. Wer länger unterwegs ist, sollte auch an Mütze, Rettungsdecke und Stirnlampe denken. Die beste Ausrüstung ersetzt nicht die Notwendigkeit, mit den Augen im Kopf Gefahren zu erkennen und zu vermeiden (z.B. Wettersturz, Dunkelheit). Klarerweise wird der Verpackungsmüll der Jause mit ins Tal genommen und nicht am Berg entsorgt!

Planung: Neben dem Wetter ein wichtiger Faktor. Der klassische Wanderführer in Buchform, Wanderkarten und seit einigen Jahren Tipps aus dem Internet sowie nicht zuletzt auch entsprechende Apps erleichtern die Planung der gewünschten Tour. Da das Handy ja ohnehin mit dabei ist, liegt die Verwendung digitaler Karten und Routenführung auf der Hand. Walter Zörer, Präsident der österreichischen Berg- und Skiführer ergänzt: „Allerdings soll man die Angaben, die man dort findet, stets hinterfragen, denn viele dieser Portale werden mit Infos von Nutzern bespielt, die nicht mehr von unabhängigen Stellen überprüft würden. Daher sollte man parallel die entsprechenden Einträge auf den Webseiten der Tourismusverbände und des Alpenvereins konsultieren, die in der Regel nicht nur aktuelle, sondern auch verifizierte Informationen anbieten“, sagt der Bergführer, der außerdem dazu rät, bei Unklarheiten lieber nochmal nachzufragen – auch beim Bergführerbüro oder beim Hüttenwirt: „Man darf einfach keine Scheu haben, sich im Zweifelsfall an Fachpersonal zu wenden.“

Übrigens:140 ist die Notrufnummer für alpine Unfälle in Österreich und somit dieRufnummer der österreichischen Bergrettung. (Die Ausnahme ist Vorarlberg, hier wählt man 144).

Fitness & Gruppe: Ein Grundbaustein zur erfolgreichen Wanderung ist die richtige Einschätzung der eigenen Fitness. Man sollte sich hinsichtlich Kondition und bergsteigerischer Voraussetzung gerade als Anfänger nicht überschätzen. Als guter Wert zur Einschätzung und Planung gilt, rund 300 Höhenmeter im Anstieg und 500 – 600 Höhenmeter im Abstieg pro Stunde einzukalkulieren. Ebenso kann man ca. 4 Kilometer Wegstrecke in dieser Zeit einplanen. Der Ausflug muss so konzipiert sein, dass man vor Einbruch der Nacht wieder im Tal ist, sofern keine Übernachtung in einer Hütte vorgesehen ist. Wanderungen sollen unter Bedachtnahme auf Zeitaufwand, Gelände, Kondition und Lust der Teilnehmer so geplant werden, dass bei Zwischenfällen nicht nur rechtzeitig umgekehrt werden kann, sondern auch tatsächlich umgekehrt wird. Es gilt, sich immer nach dem Schwächsten in der Gruppe zu richten und auch zeitliche Puffer mit ein zu rechnen! Die Wandergruppe sollte homogen in konditioneller Voraussetzung und auch in der Zielauswahl sein, das dient als Grundvoraussetzung des gemeinsamen Berg- und Wandererlebnisses. Wandern in der Gruppe bietet Sicherheit für unroutinierte Gruppenmitglieder, erleichtert die Planung und Anreise im Vorfeld und es ergeben sich neue Freundschaften. Wer das reine sportliche Ziel vor Augen hat, sich durch niemanden aufhalten lassen will und über das nötige alpine Wissen und Können verfügt, der geht sehr oft alleine. Vorher sollten aber Route und Ziel bekannt gegeben werden!

Pausen: Abgestimmt auf die Gruppe sollten alle ca. 1,5 Stunden kurze Pausen eingelegt werden, um den entstandenen Flüssigkeitsverlust wieder auszugleichen bzw. eine Kleinigkeit zu essen.

Richtig gehen: Der Sturz ist mit rund 50% die häufigste Todesursache beim Bergwandern. Daher sollte man immer auf „vollen Sohlenstand“ achten, egal ob am Weg, Steig, im Geröll oder sonst wo. Im steileren Gelände Oberkörper leicht nach vorne geneigt halten, damit bringt man die Belastung zentral auf das jeweilige Bein. Eine vernünftige Schrittlänge und – wie beim Stiegensteigen – ca. 20 cm Tritthöhe sparen Kraft. Bergab empfiehlt sich zur Schonung der Knie die Verwendung von Stöcken. Ebenso gilt es, Rücklage zu vermeiden, um nicht auszurutschen. Auch beim Wandern schwindet mit zunehmender Dauer die Konzentration!

Rücksicht und Respekt: Die Bergwelt ist ein Lebensraum, der von vielen Menschen, aber auch Tieren und Pflanzen geteilt wird. Deswegen ist es angebracht, bei einer Tour stets Rücksicht auf andere und die Natur zu nehmen, sagt Zörer: „Im Grunde sind die Maßnahmen dafür ganz einfach: Keinen Müll liegenlassen, Hunde an der Leine halten, Ruhezonen von Wild meiden, nicht durch Jungwälder gehen und sich generell respektvoll gegenüber anderen Wanderern, Radfahrern, Jägern, Förstern, Grundbesitzern, Fauna und Flora verhalten. Dann gibt es keinerlei Probleme.“ Was Zörer aber auf jeden Fall empfiehlt, ist, in die Berge zu gehen: „Es gibt mittlerweile genügend Studien, die zeigen, dass Bewegung im Gelände, vom einfachen Wandern bis zum extremen Klettern, positive Auswirkungen auf Gesundheit und Psyche hat. Selbst wenn es manchmal mühselig sein mag: Am Ende blickt man immer zurück und weiß: Das war’s wert.“

FREIZEIT-TIROL wünscht einen tollen und unfallfreien Berg- und Wanderherbst 2023!

Text: Bernhard Schösser
Fotos: Christoph Johamm, Kathrin Baumann, Monepic, Markus Mair, Innsbruck Tourismus, Archiv Walter Zörer, Bernhard Schösser